Man muss ihn lieben: Max Gruber zeigt mit seiner Band Drangsal in Stuttgart, wie toll Popmusik heute sein kann.

Freizeit & Unterhaltung: Anja Wasserbäch (nja)

Stuttgart - Er trägt Glitzerlidschatten, ein schwarzes Netzleibchen und ganz viel Popstargehabe. Max Gruber, der alleine und mit seiner Band Drangsal heißt, ist natürlich die Hauptperson des Abends im Club des Wizemanns. Während in der Halle nebenan Alphaville direkt aus den 1980er Jahren herüber gebeamt wurde, bezieht sich die junge Band auch auf die Eighties und noch viel mehr. Das ist Pop für die große Bühne. Und man muss sehr froh sein, das in so kleinem Rahmen vor rund 500 euphorischen Fans erleben zu dürfen, die sogar mal im Takt mit klatschen und pogen. Gruber und seine vierköpfige Band ist perfekt eingespielt, grundsympathische Ansagen gibt es obendrauf. Ein leuchtendes „Z“ ziert den Bühnenhintergrund.

 

Err ist Narzisst und Goldmund, aber auch Träumer und Charmeur

Drangsal ist so einiges was die jungen Menschen heute sind: weltoffen, feministisch, melancholisch, emotional, wütend. Und man hat das Gefühl, Max Gruber ist ganz viel in einer Person. Auch ein „Zores“, wie seine jüngste Platte heißt, er ist eben auch ein zorniger, junger Mann. Er singt Zeilen voll von ichbezogenen Befindlichkeiten, er ist Narzisst und Goldmund, aber auch Träumer und Charmeur. Und ganz zum Schluss als Rausschmeißer covert die Band Klaus Lages „1000 und eine Nacht“ aus dem Jahr 1984. Voller Ernst und Inbrunst. Das ist ein Konzert, das in seinen kurzweiligen 80 Minuten mehr Drama beinhaltet als eine Folge von „Grey‘s Anatomy“, mehr Euphorie als der Eurovision Song Contest. Bei „Turmbau zu Babel“ klingt er wie der junge Farin Urlaub, zitiert sich musikalisch quer durch die 80er-Jahre-Synth-Pop-New-Wave-Geschichte. Dieser Max Gruber ist ein gewitzter Kerl. Einer, der keine Scheuklappen kennt. Er gibt dem deutschen Pop etwas Exaltiertheit, Queerness, Offenheit. Das ist auch mal schwülstig, auch mal drüber – aber eben immer absolut liebenswert. „Love me or leave me alone“ singt er auch an diesem Abend, „liebt mich oder lass mich in Ruhe“. Und genau so soll es sein.