Nach drei stürmischen Sachen macht Papst Franziskus den ersten Knoten in „seine“ Sache – und schreitet schon wieder darüber hinaus. StZ-Redakteur Paul Kreiner zieht eine Zwischenbilanz des Papstes, der Begegnungen mehr schätzt als Dogmatik.

Rom - Eine Zeit des Brainstormings in der katholischen Kirche geht zu Ende. Drei Jahre lang durfte – den Regeln dieses Verfahrens zufolge – jeder sagen, was er zum Zustand und zur Zukunft der Kirche zu sagen hatte. Richtig oder falsch, gelegen oder ungelegen, kreativ oder kreuzbieder, das sind beim Brainstorming keine Kategorien; es geht um Ideenfindung: je stürmischer, umso ertragreicher. Gerade in der Sexual- und Ehemoral, wo drei Jahrzehnte lang geradezu ein Rede-, vor allem aber ein Diskussionsverbot geherrscht hatte, hat Papst Franziskus zu freimütigen   Wortmeldungen aufgefordert.

 

Nun hat Franziskus den ersten Knoten in „seine“ Sache gemacht. Unterzeichnet hat er ein langes Papier, in dem er die Ergebnisse von zwei Jahren Synodenberatung als Stand der kirchlichen Ehe- und Familienlehre   festschreibt. Erst das „Stürmen“, jetzt der Stand, und dieser auch noch festgeschrieben. Nur das Erste davon passt, soweit ihn die Welt kennengelernt hat, zu Franziskus. Er ist skeptisch gegenüber allem Festgeschriebenen, das die Fülle des menschlichen Lebens auf das Prokrustesbett erdachter Lehrsätze zwingt. Schon aus diesem Grund wird das „postsynodale Schreiben“, das etwa Mitte April erscheinen soll, anders ausfallen als das, was man bislang gewohnt ist: „Dialektisch“ gehe es die strittigsten Themen an, heißt es in Rom; als „auslegungsoffen“ übersetzen das die einen, als „spaltungsoffen“ die anderen.