Das Stuttgarter Kammerorchester hat Beethoven, Wagner und Mozart gespielt.

Stuttgart - Nehmen wir das Werk als Wegweiser, so hat das Stuttgarter Kammerorchester mit Beethovens Tripelkonzert für das noch junge Jahr 2018 eine klare Richtung aufgezeigt: Die Feinheit, die Intimität und die direkten Dialoge der Kammermusik als Blaupause für das Orchesterspiel zu benutzen, das ist ein hehres Ziel, und bei seinem Dreikönigskonzert sind die Musiker unter der Leitung ihres Chefdirigenten Matthias Foremny ihm mit mächtigen Schritten entgegen geeilt.

 

Es spricht für sich, dass dabei das Mitglied eines Streichquartetts den Ton vor- und die Richtung angab: Beethovens Versuch, die barocke Gattung des Concerto grosso, also eines Orchesterwerks mit mehreren Solisten, fortzuschreiben, mündete 1804 in einem Stück, das zwar als Tripelkonzert bekannt wurde, aber auch als jenes Cellokonzert durchgehen könnte, das der Komponist nie geschrieben hat, und Clemens Hagen ist jetzt nicht nur als Erster unter Ungleichen aktiv, sondern auch als Zentrum der Kommunikation. Der Cellist ist das Herz der Solistentruppe, er vor allem muss die von Beethoven eingeforderte böse Virtuosität meistern, die weniger brilliert denn anstrengt; er wechselt weich zwischen Exponiertheit und Integration, und als erster Solist in allen drei Sätzen gibt er dem Stück den Charakter, die Beweglichkeit, die Gewichtung von Schwere und Leichtigkeit in der Melodik und oft auch die Farbe vor. Kolja Blacher ist ihm ein waches, agiles Gegenüber, und am Klavier agiert Özgür Aydin, obwohl er (warum bloß?) mit dem Rücken zu seinen Kombattanten sitzt, fast immer sicher stützend und verzierend.

Das Stuttgarter Kammerorchester hat enorm an Klangkultur gewonnen

Das Orchester füllt seinen eher auf konventionelles Begleiten beschränkten Part gewissenhaft und sehr genau. Was es vermag, zeigt es vor allem bei Wagners von innen heraus bewegtem „Siegfried-Idyll“, das, recht rasch genommen, hier nichts Geschmäcklerisches oder an den Rändern Weichgezeichnetes hat, und bei Mozarts Linzer Sinfonie. Unter Matthias Foremny, das hört man hier gut, hat das Kammerorchester enorm von jener Qualität gewonnen, die man als Klangkultur bezeichnet, und Mozarts Werk überzeugt im Beethovensaal nicht nur durch klare Struktur, sondern auch durch die Wirkungen, die der Dirigent mit den im Stück angelegten Kontrasten erzielt. Hell, dunkel, Strenges und Freies, laut und leise, Dur und Moll, geballte Tutti-Energie und – ja, auch hier wieder – Kammermusik und Solo-Aktionen: Foremny schlägt bei raschen Tempi aus dem Unterschiedlichen derart dramatisches Potenzial, als gelte es, noch Argumente für die oft schon belegte These zu liefern, dass Mozart nicht nur in seinen Opern durch und durch Theatermusiker war. Das Orchester spielt, ein paar wenige Koordinationsmängel bei raschen Streicherfiguren ausgenommen, hoch konzentriert – bis hin zum wirbelnden Finale, welches das Publikum hin- und mitreißt. Auch wenn man dieses Werk als Wegweiser nähme, müsste einem um das Stuttgarter Kammerorchester nicht bange sein.