Drohnen könnten bald nicht nur für Fotoaufnahmen über die Weinberge fliegen, sondern auch Pflanzenschutz ausbringen. Die Wengerter zeigen Interesse an der Technik, schließlich könnte sie ihnen die Arbeit erleichtern.

Untertürkheim - Spritzdrohnen könnten den Pflanzenschutz im Weinbau revolutionieren. Mit den kleinen, unbemannten Fluggeräten, die längst für jedermann in Technikmärkten zu haben sind, soll künftig die Bewirtschaftung der Hänge erleichtert werden – vor allem in den arbeitsintensiven Steillagen.

 

Der Praxistest läuft: Seit Jahresbeginn werden von der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau (LVWO) in Weinsberg in Zusammenarbeit mit der Hessigheimer Firma droneparts.de auf den Flächen von zwei Weinbaugenossenschaften in Württemberg und zwei Weingütern in Baden Versuche mit einer Spritzdrohne durchgeführt. Das vom Land und der EU mit insgesamt 450 000 Euro geförderte Projekt läuft bis Ende 2020 und soll nicht nur die biologische Wirksamkeit belegen. „Die Erfahrungen aus den Schulungen, den Flugtrainings sowie der Wartung und Instandhaltung der Spritzdrohne werden in ein Ausbildungsprogramm für zukünftige Anwender einfließen“, erklärt Manuel Becker von der LVWO.

Technik der Zukunft

Für Becker sind Drohnen – er spricht lieber von Multicoptern – die Technik der Zukunft. Die Hightechgeräte, die vollautomatisch Flächen unterschiedlichster Hangneigung überfliegen können, sollen Fotos schießen, die Aufschluss über Wachstum, Düngebedarf, Reifezustand sowie Krankheiten der Reben geben und ganz gezielt Pflanzenschutzmittel ausbringen.

Die DJI Agras MG-1S kann zehn Liter Spritzmittel zuladen – mindestens 75 Liter würden für einen Hektar benötigt. Für zehn bis zwölf Ar Rebfläche braucht die vollbetankt 24,8 Kilo schwere Drohne fünf bis sieben Minuten reine Flugzeit, so Becker. „Hinzu kommen Zeiten für Landung zum Batteriewechsel und Nachtanken der Spritzbrühe sowie der Rückflug zur letzten Position in der Rebfläche.“ Selbst damit schaffe sie in deutlich kürzerer Zeit mehr Rebfläche, als die Wengerter per Hand mit ihren Rücken- oder Schlauchspritzen.

Für große Weinberge allerdings sei der Spritzdrohneneinsatz weniger geeignet, räumt Becker ein. „Dafür ist die Flächenleistung der Drohne zu gering.“ Gedacht sei die Technik in erster Linie für Steillagen und Flächen, wo der Einsatz von Helikoptern nicht erlaubt ist. Zum Beispiel aufgrund der Nähe zu Wohnbebauung.

Aber die Wengerter müssen sich noch etwas gedulden, räumt Becker ein. Für die Zulassung der Drohne müssten erst noch die rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden – bislang dürfen aus der Luft nur Hubschrauber Spritzmittel versprühen. Der Einsatz von Spritzdrohnen als Pflanzenschutzgerät ist in Deutschland nicht erlaubt. Noch nicht. Das Zulassungsverfahren laufe, berichtet Becker. Die Agras-Drohne sei bereits beim Julius-Kühn-Institut zur Prüfung angemeldet.

15 000 Euro Kosten

Obgleich das Fluggerät rund 15 000 Euro kostet, sei das Interesse der Wengerter an der Technik enorm, stellt Becker fest. Auch die hiesigen Erzeuger verfolgen den Versuch. Kein Wunder: Der Anteil der Steillagenweinberge in der Landeshauptstadt ist nicht gering: Von rund 548 Hektar Rebfläche sind rund 114 Hektar Steillagen. Allein die Terrassenweinberg-Lage „Zuckerle“ in Bad Cannstatt, Münster und Mühlhausen ist etwa 30 Hektar groß. Die Wengerter des Weinfactum Bad Cannstatt bearbeiten noch rund 18 Hektar Steillagen, die der Weingärtnergenossenschaft Rohracker insgesamt fünf Hektar, die Mitglieder der Weinmanufaktur Untertürkheim knapp 4,5 Hektar und die des Collegium Wirtemberg etwa 7,5 Hektar.

Noch habe man sich mit dem Thema nicht näher beschäftigt, räumt der Aufsichtsratsvorsitzende des Collegiums, Rainer Bubeck, ein. Aber auch ohne aktuell die Chancen und Risiken der Technik zu kennen, stünde die Weinmanufaktur dem Drohnen-Einsatz grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber, sagt Geschäftsführer Stefan Hübner. Der Untertürkheimer Wengerter Klaus-Dieter Warth wünscht sich „generell einen baldigen Einsatz von Drohnen“ in seinem Weinberg. Er verspreche sich dadurch eine Entlastung des Betriebsleiters. Auch für die Rohräcker sei die Technik „sehr interessant“, meint WG-Sprecher Edgar Veith. Denn das Spritzen in den terrassierten Steillagen sei körperlich sehr anstrengend und zeitaufwendig. Allerdings müssten sich die 30 Nebenerwerbsweinbauern die Investition gut überlegen: „Sollte eine Spritzdrohne angeschafft werden, dann eher in einer Kooperation mehrerer Wengerter.“

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