Im Deutschen Tennisbund spielt sich ein bizarrer Machtkampf ab: Michael Stich und Ulrich Klaus könnten sich eine Kampfabstimmung liefern.

Hamburg - Der bizarre Machtkampf im Deutschen Tennis Bund spitzt sich zu - und plötzlich ist auch ein Verbandschef Michael Stich wieder denkbar. „Mein Bedürfnis, mich dem deutschen Tennis zur Verfügung zu stellen, hat sich nicht verändert“, sagte der Wimbledonsieger von 1991 am Dienstag in Hamburg und ging in dem monatelangen Hickhack um den Chefposten im größten Tennisverband der Welt damit erstmals in die Verbal-Offensive. Die definitive Ankündigung einer Kandidatur blieb er aber erneut schuldig.

 

Wenige Tage vor der DTB-Mitgliederversammlung am Sonntag in einem Hotel beim Kanzleramt in Berlin scheint ein Last-Minute-Wahlkampf zwischen dem bisherigen Kandidaten Ulrich Klaus und einem möglichen Kandidaten Michael Stich eröffnet. Auch ein Abstimmungs-Duell der 18 Landesverbände um die Macht im DTB ist nicht mehr ausgeschlossen.

Klaus denkt nicht an Rückzug

Denn nur kurz nach der zweistündigen Gesprächsrunde Stichs mit zehn Journalisten in einem Hotel nahe der Außenalster ließ der rheinland-pfälzische Verbandsboss Klaus wissen, dass er nicht an einen Rückzug denke. „Ich habe den klaren Auftrag des Bundesausschusses und werde am Sonntag kandidieren“, sagte der pensionierte Lehrer.

Und wieder einmal präsentiert sich der 1,5 Millionen Mitglieder starke Verband in der Öffentlichkeit als zerstrittener Haufen. „Das Bild, das wir alle abgeben, ist nach außen hin ein schlechtes“, gab auch Stich zu. Allerdings kann sich der Turnierdirektor der ATP-Veranstaltung am Rothenbaum von dieser treffenden Analyse nicht ausnehmen. Zu einer klaren Aussage „Ja, ich will Präsident werden“, ließ sich der Norddeutsche auch nach mehreren Nachfragen nicht hinreißen. „Ich war bereit, Verantwortung zu übernehmen und werde darüber nachdenken, ob ich weiter bereit bin, Verantwortung zu übernehmen“, sagte Stich im Stile eines Diplomaten.

Die chronologischen Abläufe des Kandidaten-Castings passen dabei bestens in das unglückliche Bild, das der DTB bereits in den vergangenen Jahren das eine oder andere Mal abgab. Erst hieß es, der Bundesausschuss als Vertreter der Landesverbände habe sich auf den 64 Jahre alten Klaus als Nachfolger des scheidenden Karl-Georg Altenburg festgelegt. Dann erhielt Stich doch noch die Chance, sein Konzept vorzustellen und schien damit den einen oder anderen Landesfürsten beeindruckt zu haben. Am vergangenen Wochenende in Prag jedoch folgte die nächste Volte: Stich sei aus dem Rennen, hieß es plötzlich.

"Entweder kandidiere ich als Präsident oder gar nicht"

„Stand heute gibt es zwei Alternativen: Entweder kandidiere ich als Präsident oder gar nicht“, sagte Stich. Dieser Gedankenprozess sei noch nicht abgeschlossen, betonte er. Ein zwischenzeitlich angedachtes Amt als Vize-Chef unter Klaus schloss er aus.

Nun sind mehrere Szenarien denkbar: Stich schafft es bis zur Wahl am Wochenende, ein Schattenkabinett aufzustellen und versucht, sich die Unterstützung im Bundesausschuss zu sichern. Oder aber er hat genug von dem Gezerre und schmeißt zermürbt von den internen Querelen hin.

Und auch die Landesvertreter stehen vor einer schwierigen Wahl: Bleiben sie bei dem „kleinsten gemeinsamen Nenner, auf den sich zähneknirschend die meisten verständigen könnten“, wie ein ranghoher DTB-Offizieller am Dienstag die Lösung Klaus nannte? Oder wagen sie den mit Sicherheit öffentlichkeitswirksameren Schritt mit Stich, der verbandsintern allerdings wie einst Jürgen Klinsmann bei der Fußball-Nationalmannschaft vieles über den Haufen werfen würde.

Von zwei seiner ursprünglichen Forderungen rückte Stich bereits ab. Nur an einer finanziellen Aufwandsentschädigung hält er nach wie vor fest - für viele der Landesfürsten ein absolutes No-Go. Eine Doppelfunktion als DTB-Chef und Turnierdirektor am Rothenbaum hält Stich für möglich. „Ich sehe das Dilemma nicht“, sagte er und führte einen Stimmenverzicht bei der Lizenzvergabe als Möglichkeit an.

Klar scheint im Moment nur eins: Nichts ist klar im DTB. Denn Klaus geht mit einem Präsidium ins Rennen, in dem der bayerische Landeschef Helmut Schmidbauer und Dirk Hordorff vom hessischen Verband als Vize-Chefs vorgesehen sind. Derzeit ist es Landeschefs aber untersagt, auch einen Posten im DTB-Präsidium zu haben. Und die dafür notwendige Satzungsänderung wurde zuletzt abgelehnt.