Eine Berufsausbildung ist oft eine gute Basis für die Karriere. Schulabgängern mit Hochschulreife steht die ganze Bandbreite zur Verfügung.

Es gibt mehr Studienanfänger als Auszubildende in Deutschland. Während die Hörsäle überquellen, bleiben viele Lehrstellen unbesetzt. Allerdings steigt die Zahl der Studienberechtigten, die sich für eine Berufsausbildung entscheiden, langsam, aber stetig an. Schließlich bildet eine Lehre oft eine gute Basis für die Karriere. Das hat sich auch Philipp Brandenburg aus Göppingen gedacht. Der 20-jährige Fachabiturient absolviert eine Ausbildung zum Berufskraftfahrer. Das ist ein Beruf, für den normalerweise der Hauptschulabschluss verlangt wird. 'Zuerst war ich skeptisch', gibt seine Chefin Beate Schwarz vom Entsorgungsunternehmen 'DU:' zu. Ihre Lkw-Fahrer bringen sonst Haupt- oder Realschulabschluss mit. Sie habe sich schon gefragt, ob er nicht überqualifiziert sei. Am 1. September begann Brandenburg seine Ausbildung, im Lkw mitgefahren ist er aber schon davor. Sein Vater ist nämlich Berufskraftfahrer. Und der Hobby-Motocrosser hat Benzin im Blut. Auf die Frage, warum er nicht lieber ein Studium aufnimmt, antwortet der junge Mann: 'Ich fahre einfach gerne.' Die ersten Monate seiner Ausbildung ist er als Beifahrer an Bord. Dann kann er mit dem Lkw-Führerschein anfangen.

 

Ausbildung statt Studium

Brandenburgs Werdegang ist in der Ausbildungswelt nicht ganz klassisch, weiß IHK-Geschäftsführer Martin Frädrich. Als Zuständiger für die Aus- und Weiterbildung der Region Stuttgart bedauert er es, dass sich rund 60 Prozent eines Schüler-Jahrgangs mit Hochschulreife für ein Studium entscheiden. Allerdings sieht er das nicht so dramatisch wie etwa Philosophieprofessor Julian Nida-Rümelin, der von 'Akademisierungswahn' spricht. Frädrich ist eher der Ansicht, dass Schulabgänger das machen sollten, was zu ihnen passt. Aber: 'Auch in einer Berufsausbildung sind Abiturienten oder Absolventen mit Fachhochschulreife gut aufgehoben.' Genauso sehen das 31 Prozent der Schulabgänger mit Hochschulberechtigung, die gerade eine Ausbildung in einem IHK-Beruf durchlaufen. Bei ihnen beliebt sind vor allem kaufmännische Berufe im Dienstleistungssektor. Sie werden also Industrie-, Bank- oder Bürokaufleute. Gefragt sind außerdem die Ausbildung zum Fachinformatiker oder eine Lehre im Einzelhandel. 'Mit der Hochschulreife steht einem jungen Menschen die gesamte Bandbreite der Ausbildungsberufe offen', betont Frädrich. Er wünscht sich, dass bei der Berufsorientierung auch einmal technische Berufe in die engere Auswahl genommen werden.

An der hohen Zahl der Studienabbrecher sehe der IHK-Mann, dass sich mehr Studienberechtigte gleich für eine praxisorientierte Ausbildung entscheiden sollten. Dass die Zahl der Abiturienten, die sich für eine Lehre entscheiden, in den letzten zwei Jahren gestiegen ist, führt Frädrich auch auf die Bemühungen zurück, die die IHK, Handwerkskammern und verschiedene Berufsverbände betrieben haben, Ausbildungsberufe an den Gymnasien bekannter zu machen. Allen voran genannt sei hier das Programm der Ausbildungsbotschafter. Hier erläutern Auszubildende verschiedener Berufe in den Schulen ihren Bildungsweg. Das Projekt aus Baden-Württemberg wurde Vorbild für ganz Deutschland. Bisher sind Ausbildungsbotschafter allerdings noch nicht an allen Gymnasien unterwegs, was Frädrich ändern will. Ein gesteigertes Interesse an den Ausbildungsberufen verspricht sich der IHK-Geschäftsführer auch vom Schulfach Wirtschaft, das vom kommenden Schuljahr an unterrichtet wird. Außerdem werden Lehrer dann das Thema Ausbildung in jedem Schulfach thematisieren, weil die berufliche Orientierung als eine Leitperspektive eingeführt wird.

Sicherer Arbeitsplatz mit guten Aufstiegschancen

Für eine Lehre nach dem Abitur bei einem großen Unternehmen mit 715 Mitarbeitern und 39 Filialen in Baden-Württemberg hatte sich Marco Reichert entschieden. Der Finanzassistent bei der Sparda-Bank in Ludwigsburg hat 2013 seine zweijährige Ausbildung dort abgeschlossen. 'Hier habe ich das Beste aus zwei Welten: auf der einen Seite ein großes Unternehmen, das mir Sicherheit bietet, auf der anderen Seite die familiäre Atmosphäre', erläutert der 24-Jährige seine Entscheidung für die Berufspraxis. Während seiner Ausbildungszeit konnte Reichert in acht Filialen Erfahrungen sammeln, und er hat viele Fachabteilungen gesehen. Das Gehalt sei überdurchschnittlich und die Karrierechancen sehr gut. Im Moment absolviert Reichert nebenberuflich ein Studium zum Bachelor für Business Administration bei der Steinbeis-Hochschule. Sein Arbeitgeber finanziert einen Teil der Weiterbildung und stellt Sonderurlaubstage für die Präsenzphasen des Fernstudiums. Gegen das Studium nach dem Abi entschied sich Reichert zunächst, weil er einen sicheren Arbeitsplatz mit guten Aufstiegschancen suchte. Zusätzlich schätzt er es, dass eine Bank dieser Größenordnung auch Arbeitsteilung zulässt. 'Die Sachbearbeitung kann ich zum großen Teil auslagern. So bleibt mehr Zeit für den Kunden', sagt Reichert, der gerne einmal eine führende Position übernehmen möchte, auf die er mit seinem Studium hinarbeitet.

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