Das neue Hochschulgesetz beschneidet die Rechte des Senats und degradiert die Rektoren der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW). Das finden 34 Professoren und Rektoren der DHBW. Sie ziehen jetzt vor das Bundesverfassungsgericht.

Stuttgart - Das neue Landeshochschulgesetz (LHG) beschneide die Rechte der einzelnen Standorte der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) gravierend, kritisieren Professoren und Rektoren der DHBW. Sie ziehen nun mit einer Verfassungsbeschwerde vor das Bundesverfassungsgericht. Im Juni sei die Beschwerde in Karlsruhe eingereicht worden, bestätigte Hendrik Jacobsen von der DHBW Villingen-Schwenningen der Stuttgarter Zeitung. 34 Professoren und Rektoren hätten unterzeichnet, sagt Jacobsen, der als Prozessbevollmächtigter der klageführenden Hochschullehrer fungiert.

 

Zwei Punkte stoßen den Professoren sauer auf. Zum einen nehme das neue Landeshochschulgesetz den Hochschulsenaten die Möglichkeit ihre Rektoren abzuwählen. Davon sind alle Hochschularten betroffen. Das Gesetz sieht vor, dass Hochschulrat, Senat und Ministerium nur im Einvernehmen „das Amt eines hauptamtlichen Rektoratsmitglieds vorzeitig beenden“ können, nicht aber der Senat alleine. Das betrachten die Beschwerdeführer als eine „wissenschaftsinadäquate Regelung“.

Situation an der DHBW „dramatisch“

Das gilt laut Jacobsen auch für die Vorschriften zur dezentralen Organisation der DHBW. Hier ist die Situation nach Einschätzung Jacobsens sogar „dramatisch und einmalig in Deutschland“. Die DHBW ist aus acht damals selbstständigen Berufsakademien in Baden-Württemberg hervorgegangen und firmiert seit 2009 als eine duale Hochschule, was Jacobsen begrüßt. Sie ist nach dem State University System organisiert, hat eine zentrale Organisationsebene in Stuttgart und neun dezentrale Ebenen an den inzwischen neun Standorten im Land, den Studienakademien.

Seither gibt es einen DHBW-Präsidenten in Stuttgart und Rektoren an den Studienakademien. Mit dem neuen Gesetz seien die DHBW-Rektoren „entmachtet“ worden, klagt Jacobsen und bemüht einen politischen Vergleich: „Das ist, als wäre Bundeskanzlerin Merkel gleichzeitig in allen Bundesländern Ministerpräsidentin“. Mit demokratischer Organisation der Hochschulen jedenfalls habe das nichts zu tun, und verfassungswidrig sei es auch, argumentieren die Kläger.

Das Hochschulgesetz sieht vor, dass das Präsidium der DHBW den Rektoren bestimmte Aufgaben überträgt. Dazu gehört die Dienstaufsicht über die Mitarbeiter an der Akademie und die Hoheit über die jeweiligen lokalen Struktur-, Entwicklungs- und Wirtschaftspläne. Die Aufgaben gehen aber nur an die Rektoren, „sofern nicht übergeordnete Belange der DHBW entgegenstehen“ und auch nur widerruflich.

Kritik an Bauer

Das ist den beschwerdeführenden Professoren viel zu wenig. „Die Rektoren sind nur noch Assistenten des Präsidenten“, schimpft Hendrik Jacobsen. Dass mit der Wissenschaftsministerin Theresia Bauer ausgerechnet eine Politikerin der Grünen Professoren entmachte, das finden die Kläger schon eine bemerkenswerte Besonderheit. Bauer ihrerseits hatte stets betont, das neue LHG rücke die Wissenschaftsfreiheit, die Transparenz und die Beteiligung der Hochschulmitglieder stärker in den Mittelpunkt. Anders als die klagenden Professoren sieht Bauer den Senat nun gestärkt.

Jacobsen versichert, schon in der Anhörungsphase zum LHG hätten die Professoren ihre Bedenken „massiv geltend gemacht“. Dieselben seien aber „einfach ignoriert worden“. Nur die SPD habe die Änderung so nicht mittragen wollen, der Jurist spricht gar von einem „handfesten Koalitionskrach“.

Das schwächt Martin Rivoir, der SPD-Hochschulexperte im Rückblick jedoch ab. Man habe sich zunächst eine stärkere Autonomie der DHBW-Standortrektoren vorstellen können, sich dann aber überzeugen lassen, dass eine zentrale Ebene eine Systemeigenschaft der Dualen Hochschule sei und die Änderung mitgetragen, sagt Rivoir. Er sieht der Beschwerde „mit Interesse entgegen“. Die Professoren rechnen frühestens im Sommer nächsten Jahres mit einer Entscheidung der Karlsruher Richter.

Das Ministerium hält sich bedeckt. Durch ein Schreiben von einem DHBW-Professor habe man wohl erfahren, dass eine Reihe von Professoren Verfassungsbeschwerde einlegen wolle, erklärt ein Sprecher. Das Ministerium kenne aber weder den Text der Beschwerde noch sei eine solche bisher vom Verfassungsgericht zugestellt worden. Mithin wisse man gar nicht, ob die Beschwerde tatsächlich eingelegt worden sei und könne bei dieser Sachlage keine inhaltliche Stellungnahme abgeben.