Unser Korrespondent Johannes Dieterich hat sich zwei Wochen lang in Mali durchgeschlagen, bei miserablem Essen und auf miserablen Straßen. Dann durfte er endlich wieder heim zur Familie nach Johannesburg – dachte er zumindest.

Bamako – Zwei Wochen Mali. Zwei Wochen schlechtes Essen und keinen Cappuccino. Man ging bei 42 Grad im Schatten mit französischen Soldaten in kugelsicherer Weste auf Patrouille, saß tagelang im Auto, dessen Klimaanlage ihren Geist aufgab, und legte auf miserabelsten Straßen mehr als 3000 Kilometer zurück. Man hatte mit der Familie höchstens gelegentlich per E-Mail Kontakt und, seien wir ehrlich, man sehnte sich nach ihr.

 

Jetzt aber sitzt man auf dem Flughafen von Bamako, nur noch einen Umsteigeflug und 14 Stunden von Zuhause entfernt. Die aus Dakar gekommene Maschine steht zusteigebereit vor dem Terminal, man legt die Füße hoch, nippt an einem Tonic und wartet. Und wartet. Und wartet.

Die Stunden vergehen, und es passiert: nichts

Es tut sich nichts. Kein Aufruf zum Boarding, kein Hinweis auf Verspätung. Eine halbe Stunde nach der planmäßigen Abflugzeit regt sich Ungeduld: Man sucht das Bodenpersonal auf. „Wir wissen auch nicht, was los ist“, heißt es. Eine Stunde später steht fest, dass man den Anschlussflug in Nairobi nicht mehr erwischen wird. Man wird einen weiteren Tag auf dem Flughafen rumlungern, während zu Hause die Kinder warten, die Frau, der Hund, der Cappuccino. Verdammtes Afrika.

Stunden später, es ist inzwischen neun Uhr abends: Boarding at Gate 2. Noch immer hat das Bodenpersonal keinen Schimmer. Im Flugzeug findet man die aus Dakar kommenden Passagiere wie schlappe Datteln in ihren Sesseln hängend vor – ausgelaugt und überhitzt. Immerhin wissen sie, was Sache ist: Eine Gruppe malischer Regierungsmitglieder wollte zusteigen, ohne ein Visum für Kenia zu haben, erzählte ihnen der Pilot. Doch die kenianische Fluggesellschaft musste ihrer Regierung versprechen, niemanden ohne Visum ins Land zu bringen. „Wenn ihr uns nicht mitnehmt, kriegt ihr keine Starterlaubnis“, erklärten die Malier, deren Staat von der französischen Ex-Kolonialmacht soeben vor dem Untergang gerettet wurde.

Da hilft nur noch, von der französischen Revolution zu träumen

Doch ihre Macht reicht offenbar zumindest noch bis zum Airport-Tower. Drei Stunden lang wurde gefeilscht: Visa gegen Starterlaubnis, Prinzipientreue gegen Potentate. Inzwischen ist klar, warum das Bodenpersonal nicht aufgeklärt wurde: Hätten die Fluggäste erfahren, warum die Maschine festsaß, wäre es im Flughafen-gebäude zum Aufstand gekommen. In Afrika wurde schon aus geringerem Anlass eine Regierung aus dem Amt geputscht.

Wer den Kontinent kennt, weiß, wie der Streit endete. Die Regierungsmänner sitzen jetzt irgendwo in der Business Class: Wären sie kenntlich gemacht, könnte man ihnen wenigstens noch eine in die Fresse hauen. Man tut es nicht, bestellt stattdessen eine doppelte Bloody Mary, schließt die Augen und träumt von der französischen Revolution, von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit – und dass sie alle irgendwann auch mal nach Afrika kommen.