Jetzt duftet es in Serbien wieder überall nach gerösteter Paprika. Denn im Herbst beginnt das traditionelle Einmachen von Ajvar. Das Paprikamus schmeckt hausgemacht am allerbesten, weiß der StZ-Korrespondent Thomas Roser.

Korrespondenten: Thomas Roser (tro)

Belgrad - Alljährlich wenn die Blätter zu fallen beginnen, zieht durch die Straßenzüge in Belgrad ein süßlich, leicht angekohlter Geruch. „Ah, sie rösten wieder Paprika!“, freute sich kürzlich meine Lebensgefährtin Lad. „Sollen wir nicht zu Dana aufs Land fahren, wenn sie den Ajvar macht?“  So heißt die schmackhafte Paprika-Paste, die fast überall auf dem Balkan als begehrte Winter-Delikatesse für die kalte Jahreszeit eingemacht wird.

 

Ob als Wintersalat oder als Brotaufstrich, ob als Fleischbeilage oder zum Würzen von Saucen: Der Geschmack von im Supermarkt erstandenem Paprika-Mus ist kaum mit dem des selbst gefertigten „Paprika-Kaviar“ zu vergleichen. Das liegt auch am Rösten der Schoten über dem offenen Holzfeuer, das dem Ajvar aus der Eigenproduktion seine ureigene Geschmacksnote gibt.  

Das Vorhaben, dem Geheimnis der geschätzten Winter-Delikatesse auf den Grund zu gehen, hatte bisher noch jeden Herbst vergeblich auf seine Verwirklichung geharrt. Also stimmte ich dem vorgeschlagenen Sonntagsausflug zu Dana sofort zu. Zur aufwendigen Ajvar-Produktion pflegt sich unsere Nachbarin, mit Paprika-Säcken bepackt, gleich für mehrere Tage auf ihren Landsitz vor den Toren der serbischen Hauptstadt zurückzuziehen.  

Die Ausflugsfahrt führte uns im Süden Belgrads am Avala-Berg vorbei und in ein tiefes Tal hinab. Ein betörendes Aroma erfüllte die Wohnküche in Danas Landhaus. Über dem knisternden Feuer schmorte in einem gewaltigen Topf bereits die Essenz von drei Tagen Hausfrauen-Arbeit. „Ihr kommt genau rechtzeitig zum Finale“, begrüßte uns Dana, während sie den ziegelroten Sud mit ständigem Rühren vor dem Anbrennen bewahrte.  

25 Kilo Paprika ergeben 15 Gläser Ajvar

Bei einem Gläschen selbst gebrannten Pflaumen-Rakija weihte sie mich in die Geheimnisse der Herstellung ein. 25 Kilo von Serbiens flacher, fleischiger und feuerroter Paprika (oder 900 Stück) und fünf Kilo Auberginen habe sie am ersten Tag auf ihrem Holzofen geröstet. Nicht nur wegen der mühsamen Säuberung der Platte sei dies auf dem Elektro-Herd in der heimischen Küche kaum möglich. Das Aroma nehmen die Paprika nur über offenem Feuer auf.  

Das Schälen und Entkernen der Paprika erforderte einen weiteren Tag. Zum Entwässern lag das gehäutete Gemüse dann eine Nacht in Nylonnetzen über der Badewanne, bevor es mit etwas Knoblauch versetzt am letzten Tag durch den Fleischwolf wanderte. Mit einem Liter Öl und einer Tasse Essig habe sie den Sud zum stundenlangen Schmoren angesetzt, erzählt Dana.

Wer es schärfer möge, könne das Mus natürlich noch mit Pfefferoni oder scharfen Paprika versetzen, sie selbst aber möge den Ajvar „eher mild“. Salz und manchmal auch etwas Zucker füge sie erst gegen Ende hinzu. „Konservierungsmittel kommen bei mir nicht ins Glas.“ Am Ende steht ein übersichtlicher Ertrag: 15 mit Ajvar gefüllte Einmachgläser sind das Ergebnis von Danas dreitägigen Mühen.