Kiew, Lemberg oder Charkow – einige ukrainische Städte versuchen, das Münchner Oktoberfest zu kopieren, und zwar von der Speisekarte bis zum Dirndl. Das kann ja nur schiefgehen, hat unser Autor Knut Krohn festgestellt.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Charkow - Das Oktoberfest ist vorbei, die Bierleichen sitzen wieder nüchtern in im Büro, Dirndl und Lederhosen hängen im Schrank. In München hat der Spuk ein Ende, in der Ukraine aber wird das ganz einfach ignoriert. Egal ob in Lemberg, Kiew oder Charkow, immer wieder stolpern vor allem Restaurantbesucher über verlockende Angebote zum „Oktoberfest“.

 

Dass vor allem traditionelle ukrainische Restaurants ein Faible für das bayerische Massengelage an den Tag legen, versteht sich angesichts der rustikalen, von sehr viel Holz geprägten Atmosphäre in diesen Lokalitäten von selbst. Auch das Outfit der vielen jungen Bedienungen fügt sich angenehm ins auf ländlich getrimmte Ambiente: die ukrainische Tracht erinnert nur entfernt an ein fesches Dirndl.

Hefeweizen im Maßkrug

Auf diese Art in Folklorestimmung gebracht, erstaunt es nicht weiter, dass die Oktoberfest-Speisekarten in diesen einschlägigen Lokalitäten eigentlich immer die Form eines überschäumenden Maßkruges aufweisen. Schon beim ersten Überfliegen offenbart sich ein Festival der kulinarischen Vorurteile. Das klassische Oktoberfest-Menü besteht natürlich aus einer gigantischen Schweinshaxe und einer Maß Bier. Alternativ im Angebot sind ein riesiger Berg Würste und eine Art ukrainisches Hefeweizen – ebenfalls im Maßkrug ausgeschenkt. Das Pflichtprogramm besteht also aus sehr viel Fleisch und noch mehr Bier – so stellt sich ein Ukrainer die typisch bayrische Oktoberfest-Gemütlichkeit vor.

Besonders als deutscher Gast empfiehlt es sich, Speis und Trank überschwänglich zu loben und zu unterstreichen, dass Bier und Schweinshaxe durchaus mit dem Original in München mithalten können.

Logisch, ganz Deutschland feiert Oktoberfest

Zwei Dinge sollten bei der hemmungslosen Völlerei auf jeden Fall vermieden werden: zum einen das kleinlaute Geständnis, dass man selbst noch nie auf der Wiesn war (das würde sowieso als Lüge aufgefasst werden, da der Rest der Welt felsenfest davon überzeugt ist, dass das Oktoberfest in ganz Deutschland ausgelassen gefeiert wird). Und zum anderen den besserwisserischen Hinweis, dass das Münchner Oktoberfest eigentlich im September stattfindet – zumal man selbst nicht erklären kann, weshalb es nicht Septemberfest heißt.

Die Versuche, das Oktoberfest zu kopieren, beschränken sich nicht nur auf Schweinshaxe und Bier in Maßkrügen. Bisweilen wird auch versucht, das gesamte Treiben auf der Wiesn zu imitieren. Das kann nur danebengehen – was eine Veranstaltung beim Megatore Karavan in Charkow beweist. Dieses ukrainische Oktoberfest zwischen Bierbänken und Festzelten präsentierte sich dermaßen trostlos, dass man versucht ist, kommendes Jahr endlich auch einmal das Original zu besuchen.