Ganz Manhattan freut sich auf Weihnachten. Bis auf Sarah Palin, die ehemalige Vizepräsidentschaftskandidatin – die unkt herum. Unser Korrespondent Sebastian Moll kann da nur den Kopf schütteln.

New York - Es war das letzte Mal in seiner zwölfjährigen Regentschaft, die jetzt zu Ende geht, das Bürgermeister Michael Bloomberg die Beleuchtung des zwanzig Meter hohen Weihnachtsbaums vor dem Rockefeller Center anschalten durfte. Es war wie immer der offizielle Startschuss zur Weihnachtssaison in der Stadt. Die Popsängerin Mary J. Blige war dabei und hat zusammen mit einem Kinderchor ein Weihnachtslied gesungen, und Zehntausende von New Yorkern sowie Touristen haben sich um das Rock Center geschart, um von da aus in die Geschäfte rund um die Fifth Avenue auszuschwärmen und ihrer weihnachtlichen Shoppingpflicht nachzukommen.

 

Seither nähert sich das Weihnachtsfieber in der Stadt seinem Höchststand. Die Geschäfte haben ihre Schaufenster mit opulenten Weihnachtsdioramen geschmückt, über den Avenues hängen pralle Neon-Kometen, um Festlichkeit zu verströmen. Die Kirchen geben Weihnachtskonzerte und sind Abend für Abend prall gefüllt. Die Kaufhäuser haben Kompanien von Nikoläusen angeheuert, die auf jedem Stockwerk Kinder bespaßen und Eltern zum Kaufen animieren. In jedem Viertel haben Weihnachtsmärkte geöffnet, die überteuerten Kram verkaufen, und unter dem Rockefeller-Baum laufen verliebte Pärchen bis Mitternacht Schlittschuh.

Sarah Palin hat Angst um die christlichen Werte

Das alles macht Einheimische wie Besucher froh. Die Stimmung in der Stadt ist feierlich, es wird Geld ausgegeben und verdient, man freut sich auf die geruhsame Zeit im Familienkreis zum Jahresende. Nur die christlichen Konservativen sind griesgrämig. So hat Sarah Palin sich pünktlich zum Fest zu Wort gemeldet, und wie so oft wünscht man sich, sie hätte ihren Mund gehalten. Die Ex-Vizepräsidentschaftskandidatin hat ein Büchlein herausgegeben, das den Untertitel „Protecting the Heart of Christmas“ trägt. Darin sind Sätze zu lesen wie „Der Atheismus lässt die spanische Inquisition aussehen wie Disneyland“.

Palin schlägt Alarm, weil sie Weihnachten bedroht sieht, also den christlichen Wertekern Amerikas. Doch worin besteht die Bedrohung, die nicht einmal beim Gang durch das hypersäkulare Manhattan auszumachen ist? Tja, man hängt sich vor allem daran auf, dass man sich heute „Happy Holidays“ wünscht statt „Merry Christmas“. Die Geste ist als Respekt vor nicht-christlichen Mitbürgern gedacht, von denen es in New York reichlich gibt. Einem Juden oder Muslim „Frohe Weihnachten“ zu wünschen ist schließlich so, als setze man einem Vegetarier einen Schweinebraten vor und wünsche ihm guten Appetit.

Und der Kommerz? Den findet sie gar nicht so schlimm

Natürlich kann man über die Ent-Christianisierung und Kommerzialisierung von Weihnachten trefflich diskutieren. Doch das wollen Palin und ihre Kohorten gar nicht. Im Gegenteil, Palin findet den Weihnachtskommerz „eine wunderbare Art und Weise, die frohe Botschaft zu verbreiten“.

Was sie beklagt, ist, dass das Christentum nicht Leitkultur in Amerika ist. Das ist natürlich absurd, weil die USA schon verfassungsmäßig freie Religionsausübung sowie die Trennung von Kirche und Staat vorsieht. Vielleicht würde es ja Palin und Co. ja beschwichtigen, wenn sie wüssten, dass die meisten jüdischen New Yorker auch Bäume schmücken und Geschenke tauschen, weil es eben ein allgemeines Ritual ist. Oder wenn sie sich daran erinnern, dass Bloomberg, der den Baum am Rockefeller Center angeschaltet hat, Jude ist. Aber vermutlich würde sie auch dies noch irgendwie als Bedrohung des Christentums werten.

Zum Glück schüttelt man über Palin nur noch den Kopf. In New York jedenfalls.