Ehemaliger DFB-Chef Zwanziger teilt gegen die Ermittler der WM-Affäre aus

Die Affäre um die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 beschäftigt die Ermittler seit fast vier Jahren. Der ehemalige DFB-Chef Theo Zwanziger sieht sich zu Unrecht verfolgt und stellt den Behörden ein verheerendes Zeugnis aus.
Diez - Theo Zwanziger redete sich in Rage. Zwei Stunden lang präsentierte der von der Schweizer Bundesanwaltschaft angeklagte Ex-DFB-Präsident im Hotel „Wilhelm von Nassau“ in Diez seine Sicht der Dinge in der Sommermärchen-Affäre - und kritisierte die Ermittler und Fifa-Chef Gianni Infantino. „Die Strafverfolgungsbehörden haben versagt. Sowohl die deutschen als auch die in der Schweiz“, schimpfte Zwanziger am Dienstag. „Es ist ein Skandal.“
Der in der Vorwoche von der Schweizer Bundesanwaltschaft gegen ihn, die ehemaligen DFB-Funktionäre Horst R. Schmidt und Wolfgang Niersbach sowie den früheren Fifa-Generalsekretär Urs Linsi erhobenen Anklage wegen Betruges sieht Zwanziger relativ gelassen entgegen. „Ich bin fest davon überzeugt, dass die Vorwürfe der Steuerhinterziehung und des Betruges absolut falsch sind und es nicht zu einer Bestrafung kommen wird“, betonte der 74-Jährige. „Das Ganze steht auf rechtsstaatlich absolut wackligen Füßen.“
Dem Quartett wird vorgeworfen, den Präsidialausschuss des WM-Organisationskomitees 2006 über den eigentlichen Zweck einer Zahlung in Höhe von 6,7 Millionen Euro im April 2005 vom Deutschen Fußball-Bund an den Weltverband Fifa arglistig getäuscht zu haben. Das Verfahren gegen den damaligen OK-Chef Franz Beckenbauer war zuvor abgetrennt worden. „Ich wehre mich sehr energisch gegen den Vorwurf einer Täuschung. Ich habe niemanden getäuscht oder betrogen“, sagte Zwanziger.
Für ihn sind die Vorwürfe nicht nachvollziehbar. Seiner Ansicht nach könne man die Rückzahlung des Geldes, das sich Beckenbauer 2002 vom Geschäftsmann Robert Louis-Dreyfus geliehen hatte und das später auf dem Konto des ehemaligen katarischen Fifa-Vizepräsidenten Mohammed Bin Hammam gelandet war, rechtlich nicht bewerten, solange der Verwendungszweck nicht geklärt sei.
Lesen Sie hier: Worum es bei der Anklage gegen die früheren DFB-Funktionäre geht
„Die Ermittler sprechen davon, darüber zu spekulieren. Darauf kann man keine Anklage stützen“, wetterte Zwanziger. Er wird deshalb zeitnah eine Strafanzeige wegen „bewusst falscher Interpretation von Beweismitteln“ gegen den Leitenden Ermittler der Schweizer Bundesanwaltschaft und dessen Assistentin stellen.
Einmal in Fahrt, setzte der frühere DFB-Boss zum Verbalangriff auf Fifa-Präsident Infantino an. Der Weltverband habe nichts zur Aufklärung des Verwendungszweckes der Millionenzahlung beigetragen. „Infantino schweigt und die Staatsanwaltschaft kungelt mit ihm“, sagte Zwanziger. „Das ist Kumpanei auf höchster Ebene und wird auf dem Rücken von Schmidt, Niersbach und mir ausgetragen. Der Vorwurf, wir hätten betrogen, ist beschämend.“ Schmidt, der die Pressekonferenz als Gast verfolgte, sprach von einer „persönlichen Beleidigung“.
Zwanziger attackiert Staatsanwaltschaft
Auch zu den Vorwürfen der Steuerhinterziehung, die die Staatsanwaltschaft Frankfurt gegen Zwanziger, Schmidt und Niersbach erhoben hatte, äußerte sich Zwanziger. Das Landgericht Frankfurt hatte im Oktober 2018 die Eröffnung eines Hauptverfahrens abgelehnt. Über eine Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen diese Entscheidung hat das Oberlandesgericht Frankfurt bisher noch nicht entschieden.
Bereits im Mai dieses Jahres hat Zwanziger eine Strafanzeige gegen die Ermittlungsführerin der Staatsanwaltschaft gestellt. Sie soll laut Zwanziger eine Zeugenaussage falsch wiedergegeben haben, auf deren Grundlage die Anklage gegen die früheren DFB-Funktionäre erhoben wurde. Derzeit bearbeitet die Staatsanwaltschaft Darmstadt den Vorgang.
„Die Anklage der Steuerhinterziehung war von Anfang an absurd, weil sie sich auf ein falsches Jahr bezog“, so Zwanziger. Da die eigentliche Zahlung der 6,7 Millionen Euro aus dem Jahr 2005 bereits verjährt gewesen sei, habe die Staatsanwaltschaft eine von der Fifa nach der WM 2006 beim DFB veranlasste Umbuchung zur Grundlage ihrer Ermittlungen genommen. „Ich kann nicht glauben, dass dies Dummheit ist. Das ist Boshaftigkeit“, sagte Zwanziger und prophezeite: „Ich werde nicht in Deutschland verurteilt und nicht in der Schweiz.“
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