Rainer Otto F. Scharr liefert Energie – und sitzt in der Jury vom Ehrenamtspreis „Stuttgarter des Jahres“. Die aktuelle Ausschreibung läuft noch bis zum 23. November.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Stuttgart - Vor dem Haupteingang des Scharr-Firmengebäudes summen im Sommer die Bienen. Lavendel und Rosen in Hülle und Fülle locken die Insekten an. Das Blütenmeer ist nicht nur ein gärtnerischer Hingucker, sondern Teil der Philosophie des Chefs, Rainer Otto F. Scharr. „Ich bin der Überzeugung, das Leben ist schön, aber jeder muss angesichts des Klimawandels sein Verhalten ändern.“ So hat Scharr eigene Bienenstöcke, und auf dem Firmengebäude gibt es Mineralwasser nur noch in Glasflaschen: „Das rettet allerdings die Welt nicht“, sagt der Chef des Vaihinger Energieversorger-unternehmens, der Friedrich Scharr KG. Aber Kleinvieh macht auch Mist. Daher fährt er oft mit dem Fahrrad in die Stadt und freut sich über die Radwege: „Vor zehn Jahren hat man gesagt, Stuttgart ist wegen seiner Topografie nicht geeignet zum Radfahren.“

 

Klimaneutrales Jazz Open-Festival

Bei den Jazz Open sorgt Scharr seit 2014 dafür, dass das Festival klimaneutral ist, denn seine Firma unterstützt ein Leuchtturmprojekt in einem Dorf in Darfur (Sudan). Dort wird traditionell mit Dung und Holz gekocht. Die Luft ist dadurch jedoch so verschmutzt, dass viele Frauen und Kinder Augenprobleme bekommen haben. Scharr unterstützt über den Kauf von CO2-Zertifikaten den Kauf von Flüssiggaskochern. „Das hat den Nebeneffekt, dass die Umweltzerstörung durch die Abholzung gestoppt wird, denn im Sudan wird nur jeder fünfte Baum wieder aufgeforstet“, berichtet Rainer Otto F. Scharr. Bei den Jazz Open entstehen die Emissionen vor allem durch die Anreise der Zuschauer und der Künstler. Durch ein Gutachten wurde der CO2-Ausstoß des Festivals ermittelt. Scharr ermöglicht im Gegenzug durch den Kauf von 400 Flüssiggaskochern zur Versorgung von 6000 Menschen den Ausgleich der Festivalemissionen.

Die Lust am Schrauben

Gleiches gilt für das eigene Unternehmen – auch für dessen CO2-Fußabdruck ließ der Chef ein Gutachten erstellen. Auch hier greift der Emissionshandel mit Darfur. Und wer als Kunde etwas für das Weltklima tun will, kann beim Heizöl zu Scharr Blue greifen und etwas mehr bezahlen. „Wir sollten CO2 einsparen und trotzdem die Lebensqualität erhalten“, das ist Scharrs Credo, aber er ist kein blauer Engel, sondern ein bekennender Autonarr. Er besitzt mehrere Oldtimer und ist somit selbstverständlich ein Schrauber. Mit 18 kaufte er sich sein erstes altes Auto, einen silbernen Scirocco, und danach begann er, an einem DKW-Munga-Geländewagen zu basteln: Drei Jahre lang hat er daran gearbeitet. „Das hat Spaß gemacht. Ich bastle gern.“

Schülerjob beim Fahrradhändler

Der studierte Betriebswirt, der grundsätzlich keinen Lift benutzt – „man hat ja viel zu wenig Bewegung“ –, hatte schon früh eine Leidenschaft für technische Zusammenhänge: Ferngesteuerte Modelle von Autos, Flugzeugen und Schiffen konstruierte er als Jugendlicher, und später besserte er sein Taschengeld über einen Job beim Fahrradhändler auf: Fünf Mark in der Stunde hat er verdient. „Mein Vater war ziemlich strikt“, erzählt er. „Ich hatte immer den Eindruck, dass ich in der Klasse am wenigsten Taschengeld habe.“ Bei den eigenen drei Kindern hat er ebenfalls Wert darauf gelegt, dass sie für Sonderwünsche selbst etwas dazuverdienen.

Namensgeber für die Sporthalle

Seit fünf Generationen haben alle Scharrs einen Vornamen, der mit F beginnt, wie der des Firmengründers Friedrich Scharr. Den Nachnamen gab der aktuelle Chef gegen einen namhaften Betrag der Sporthalle unter der Untertürkheimer Kurve des Mercedes-Benz-Stadions, der Scharrena. Darüber hinaus ist er zweiter Hauptsponsor des Damen-Volleyballs und unterstützt den Breitensport, mehrere kulturelle und soziale Einrichtungen sowie Projekte im Bildungsbereich wie den mit 10 000 Euro dotierten Energiepreis für studentische Forschungsarbeiten.

Nicht zuletzt kommt durch die Otto-F.-Scharr-Stiftung, die seine Mutter Gisela gegründet hatte, „ein bunter Blumenstrauß“ von Initiativen zusammen, die gefördert werden. „Wir sind als Unternehmen erfolgreich. Davon wollen wir etwas zurückgeben“, sagt Scharr, der den Tag gerne mit einem Gang mit den beiden Hunden im Wald beginnt. „Dabei wird der Kopf frei“ – für das stattliche Arbeitspensum. „Ich versuche bis zur „Tagesschau“ zu Hause zu sein.“

Die Freizeit verbringt Scharr jetzt, da der Nachwuchs erwachsen ist, am liebsten im Garten, beim Golf oder im Winter beim Skifahren. „Wenn das Reiseziel interessant ist, kommen die Kinder noch mit in den Urlaub“, freut er sich. Für das Jurorenamt beim Ehrenamtspreis „Stuttgarter des Jahres“ wird er sich Zeit freihalten: „Ich verfolge dieses schöne Projekt schon lange“, sagt er.

Der Preis
Die Stuttgarter Versicherungsgruppe und die Stuttgarter Zeitung zeichnen ehrenamtlich engagierte Menschen aus. Dazu stiften sie den Preis Stuttgarter des Jahres, der mit insgesamt 18 000 Euro dotiert ist. Gesucht werden sechs Personen, die sich vorbildlich in der Gesellschaft einbringen und deren Engagement eine Motivation und ein Ansporn für Dritte sein soll. Die Projekte sollen sich durch Innovation, Nachhaltigkeit und Zukunftsperspektive auszeichnen. Nominiert werden können Einzelpersonen, Schulklassen, Projektgruppen, Verbände, Vereine, Bürgerforen, freie Zusammenschlüsse, Nachbarschaftshilfen, aber keine öffentlichen Institutionen.

So kann man sich bewerben

Fünf weitere Juroren entscheiden neben Rainer Scharr welche Kandidaten als Stuttgarter des Jahres den Preis in Höhe von 3000 Euro erhalten: Kim Renkema ist eine erfolgreiche Bundesliga-Volleyballerin und Teammanagerin von MTV Allianz Volley, Cornelia Ewigleben leitet das Landesmuseum Württemberg, und Søren Schwesig ist der evangelische Stadtdekan. Außerdem sitzen der Chefredakteur der Stuttgarter Zeitung, Joachim Dorfs, und Frank Karsten, der Vorstandsvorsitzende der Stuttgarter Versicherungsgruppe, in der Jury.

Das Besondere am Stuttgarter des Jahres ist, dass sich die Kandidaten nicht selbst bewerben können, sondern von einem Paten empfohlen werden müssen. Übrigens: Wer während der vergangenen fünf Benefizaktionen schon mal einen Kandidaten vorgeschlagen hat, kann es gerne noch einmal probieren. Wenn Sie also jemanden kennen sollten, der für Sie ein Stuttgarter des Jahres ist, melden Sie sich bis zum 23. November 2019 bei uns. Schreiben Sie uns, und begründen Sie kurz, warum diese Person aus Ihrer Sicht den Preis verdient hätte. Vergessen Sie nicht, uns Ihre vollständigen Kontaktdaten zu hinterlassen. Kontakt Stuttgarter Zeitung, Ralf Gunkel, Plieninger Straße 150, 70567 Stuttgart, oder im Internet unter www.stuttgarter-des-jahres.de oder per E-Mail an stuttgarter-des-jahres@stz.zgs.de.