Wenn Hunde- und Katzenfreunde mit einem der geliebten Vierbeiner sprechen, geht ihre Stimmlage in die Höhe – ähnlich wie beim Sprechen mit einem Baby. Warum passiert das und wie reagieren die Tiere darauf?

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

New York/Stuttgart - „Komm zu Frauchen! Braaaver Wauwau! Bist ein guuuuter Hund!“ – „Wo ist das Leckerli? Miam, miam! Miez, miez!“ Wenn Hunde- und Katzenbesitzer mit ihren Tieren sprechen, nutzen die meisten von ihnen unbewusst eine betontere, höhere Sprachmelodie.

 

Warum das so ist und ob Tiere darauf überhaupt stärker reagieren als auf normal akzentuiertes Sprechen, haben Forscher von der City University of New York (dem Hochschulverbund der staatlichen Universitäten in New York City) in einer aktuellen Studie untersucht. Das Ergebnis für Hunde: Welpen reagieren stärker auf das menschliche „Hundesprech“, ausgewachsene Hunde weit weniger bis gar nicht.

Hund und Welpe, Kitten und Kätzchen

Menschen sprechen mit ihrem Haustier häufig wie mit einem Baby. Sie wechseln in eine pipsiege Tonlage und reden besonders deutlich, berichtet ein Forscherteam in den „Proceedings B“ der britischen Royal Society. Das passiere bei Hunden aller Altersklassen, aber nur Welpen reagierten besonders aufmerksam darauf.

Die Forscher sind der Überzeugung, dass die Benutzung der Babysprache weniger eine Reaktion auf ein niedliches Welpen- oder Babygesicht ist. Stattdessen werde sie vor allem zur Verständigung mit einem Gegenüber genutzt, das nicht sprechen kann oder die Sprache nur schlecht versteht.

„Proceedings B“ ist die renommierte biologische Forschungszeitschrift der Royal Society – der 1660 gegründeten nationalen Akademie der Wissenschaften des Vereinigten Königreiches für die Naturwissenschaften.

„So ist’s fein“

Das Team um Tobey Ben-Aderet von der City University in New York hatte 30 Frauen Bilder von Welpen, ausgewachsenen und alten Hunden gezeigt und sie gebeten, sich mit einem typischen Satz an die virtuellen Gefährten zu wenden. Etwa mit: „Hallo, Süßer, komm her, guter Junge, so ist’s fein.“ Die Forscher zeichneten das Gesagte auf, um die Sprachmerkmale später analysieren zu können.

Es seien keine echten Hunde eingesetzt worden, weil die Interaktion der Tiere mit den Versuchspersonen die Analyse der Sprachmerkmale erschwert hätte, erklären die Forscher. Im zweiten Teil des Versuchs wurden dann Hunden unterschiedlichen Alters die Aufnahmen vorgespielt.

Der Welpen-Blick

Es zeigte sich, dass die Versuchspersonen Hunde aller Altersstufen so anredeten wie klassischerweise Babys, bei Welpen war die Stimmlage dabei besonders hoch. Und es waren später auch vor allem die Welpen, die auf das kindgerechte Gesäusel aufmerksam reagierten.

Sie wendeten sich rascher den Lautsprechern zu, näherten sich ihnen schneller und widmeten ihnen länger ihre Aufmerksamkeit als ältere Hunde. Diese sprangen auf die Babysprache nicht besonders an. Womöglich hätten sie im Laufe ihres Lebens gelernt, menschliche Laute, die nicht direkt von ihrem Herrchen oder Frauchen kommen, weitgehend zu ignorieren, schreiben die Wissenschaftler.

Das Geheimnis der Samtpfoten

„Schliripi“, „Schnecke“, „Mäusepiep“, „Süßbacke“, „Wuschelbär“

Die Wissenschaftler hatten sich in ihrem Verhaltenexperimenten auf Hunde kapriziert. Doch nicht viel anders ist das Verhalten von Katzenliebhabern. „Schliripi“, „Schnecke“, „Mausebär“, „Mäusepiep“, „Süßbacke“, „Wuschelbär“ – die Liste mit Kosenamen für die bezaubernd-geheimnisvollen Maunzer ist schier endlos. Endloser jedenfalls als für die geliebte Frau/Freundin ist Man(n) geneigt zu meinen.

Der Grund für die Liebe des Menschen zu den Samtpfotenist (zumindest für Katzenfans) leicht zu ergründen. Katzen sind flauschig, kratzbürstig, eigensinnig, süß, anschmiegsam, sanft, putzig, lustig und goldig. Jeder Katzenbesitzer weiß genau, warum er seine eigene Katze ganz besonders liebt und warum gerade sie absolut einzigartig unter dem Firmament ist.

Große Augen, kleines Kinn, goldiges Näschen

„Wir finden Katzen ähnlich gut wie Süßigkeiten“, erklärt der Medienpsychologe Frank Schwab von der Würzburger Universität. „Das liegt in unsere Spezies.“ Katzen würden unsere menschlichen Brutpflegemechanismen aktivieren. „Sie nutzen genau die Reize, auf die wir auch ansprechen, wenn wir Kinder aufziehen. Die Leute stellen andauernd Bilder von ihren Kindern online, fotografieren sie am laufenden Meter und zeigen sie jeden – ob er will oder nicht“, sagt Schwab. „Katzen werden ganz ähnlich behandelt, das dockt an die gleichen Mechanismen an.“

Als Erstes kommt einem das Kindchenschema in den Sinn, wenn man dieses Faszinosum zu erklären versucht. Große Augen, kleines Kinn, goldiges Näschen, feine Barthaare. Und dann natürlich die Omnipräsenz: Katzen gibt es überall, ihre Mimik und Gestik kennt fast jeder.

Der Ach-wie-süß-Effekt

Kätzchen lösen genauso wie Welpen und Menschenbabys einen Ach-wie-süß-Effekt (englisch: „Cuteness factor“) aus. Wir finden sie so niedlich, dass wir sie s gleich unter unsere Fittiche nehmen wollen. Forscher der Universität Bern haben herausgefunden, dass bei der Wahrnehmung von Niedlichkeit immer der gleiche Mechanismus im Gehirn abläuft.

Große runde Stirn, kugelige tief sitzende Augen, ein kleines Kinn und Stupsnase wecken in uns Beschützerinstinkte und ein fürsorgliches Verhalten. Der Verhaltensforscher Konrad Lorenz prägte hierfür den Begriff Kindchenschema. Was niedlich ist, beurteilen fast alle Menschen auf der Welt gleich. Das gilt besonders für Katzen: Mit ihrer phänomenalen Niedlichkeit vertreiben sie augenblicklich jeden Trübsinn und wirken wie ein emotionaler Jungbrunnen. Der Internet-Hype um „Cat Content“ ist hierfür das beste Beispiel.

Warum wir Haustiere ins Herz schließen

Vom Raubtier zum Schoßtier

Warum aber säuseln Hunde- und Katzenfreunde auch ältere Tiere in hoher Tonlage und mit deutlicher Aussprache an? Die Forscher vermuten, dass dies ein genereller Impuls ist, wenn es darum geht, sich mit Tieren zu verständigen, da diese mehr auf Intonation und Rhythmus des Gesprochenen und weniger auf den Inhalt reagieren. Der Anblick eines Welpen verstärke diesen Impuls getreu des Kindchen-Schemas, welches besagt, dass der Anblick kindlicher Proportionen und Gesichtszügeein Schutz- und Versorgungsverhalten auslöst.

Hunde sind schon seit Tausenden von Jahren enge Begleiter des Menschen. Einer neueren Studie zufolge wurden Wölfe möglicherweise bereits vor 27 000 bis 40 000 Jahren domestiziert – und nicht wie bisher angenommen erst vor etwa 16 000 Jahren. Obwohl das vertraute Verhältnis der beiden Spezies mithin wenig überraschend ist, versuchen Wissenschaftler immer wieder, es tiefergehend zu ergründen.

So zeigten einige Forscher kürzlich, dass Hunde, die an Menschen gewöhnt sind, menschliche Gesichtsausdrücke unterscheiden können. Sie erkennen zum Beispiel, ob ein Menschen freudig oder ärgerlich schaut, berichteten sie im Fachblatt „Current Biology“. Ob sie auch verstünden, was das bedeutet, sei aber unklar.

Der Tonfall ist entscheidend

Andere Forscher haben untersucht, wie Hunde Sprache verarbeiten. Das Ergebnis: Die Vierbeiner bewerten Inhalt und Tonfall des Gesagten separat – ganz ähnlich wie Menschen. Ein Lob werde von ihnen deshalb nur dann als Lob erkannt, wenn sowohl der Tonfall als auch die Wörter lobend sind, schrieben die Forscher im Fachblatt „Science“

In einer weiteren Studie zeigten japanische Wissenschaftler, dass Blickkontakte zwischen Hunden und ihren Besitzern die gegenseitige Bindung stärken. Fängt ein Hundehalter den Blick seines Lieblings auf, steigt in seinem Körper der Gehalt des Hormons Oxytocin. Umgekehrt wird durch den Augenkontakt auch beim Hund mehr von diesem Bindungshormon freigesetzt, berichteten sie in „Science“.

Gehören Hunde und Katzen ins Bett?

Der schönste Platz für Hund und Katze ist bei den Menschen im Schlafzimmer. Die Frage, ob Hund und Katze mit ins Bett dürfen, treibt Tierhalter offenbar um wie kaum ein anderes Thema. Das zeigt die Resonanz in den sozialen Netzwerken wie Facebook, Instragram, Reddit oder Twitter auf Artikel in den Stuttgarter Nachrichtenzu diesem Thema.

„Hunde und Katzen lieben den Kontakt zu ihrem Herrchen und Frauchen und von klein auf das Kontaktliegen“, erklärt die Tiergestützte Therapeutin Anette Bull. „Wenn Tierhalter auch sonst mit ihren Tieren zusammenleben können und keine Allergie, kein Asthma oder Ähnliches haben, gibt es keinen Grund Hund oder Katze nicht zu sich ins Bett zu lassen. Wenn ich auf der Coach neben meiner Katze liege und das problemlos vertrage, dann vertrage ich das auch nachts im Bett.“

http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.sollen-tiere-nachts-im-bett-schlafen-je-naeher-hund-und-katze-bei-herrchen-und-frauchen-sind-desto-besser.3f273213-4975-4ff0-a61e-e7070b8e88c7.html