Der Vaihinger Bezirksbeirat lehnt die Aufstellung eines neuen Bebauungsplans für den Eiermann-Campus ab. Die Lokalpolitiker sehen unter anderem ein größeres Verkehrsproblem auf den Stadtbezirk zukommen.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Vaihingen - Detlef Kron ist ein seltener Gast im Bezirksbeirat. Doch am Dienstag kam der Leiter des Stadtplanungsamts, um Werbung für den neuen Bebauungsplan zu machen. So unterstrich er die Wichtigkeit des Geländes für die Stadt.

 

Die Ausgangslage ist freilich schwierig. Seitdem IBM Stuttgart verlassen hat, gleicht das Areal einer Geisterstadt. Ein Teil der Gebäude steht unter Denkmalschutz. Der Insolvenzverwalter hat sich zurückgezogen. Die Stadt hatte kaum eine andere Wahl, als zunächst einmal Verantwortung für das Grundstück zu übernehmen. Nun soll das Gelände entwickelt werden, wie es im Fachjargon heißt. Die Kosten für eine Sanierung der Gebäude werden auf 80 bis 100 Millionen Euro geschätzt. Geld, das die Stadt nicht hat, weshalb es einen Investor geben soll.

Kron: der Eiermann-Campus ist auch ein Rechenmodell

Ein solcher ist aber freilich in erster Linie an einer Gewinnmaximierung interessiert. „Insofern gebe ich Ihnen recht: Der Eiermann-Campus ist auch ein Rechenmodell“, sagte Detlef Kron an die Bezirksbeiräte gewandt. Übersetzt heißt das, dass die Stadt im Bebauungsplan eine gewisse Dichte und Höhe an neuen Gebäuden zulassen muss, damit das Areal für einen Investor interessant wird. Detlef Kron beeilte sich aber auch zu sagen, dass der Gemeinderat die Planungshoheit habe. Und dass der Aufstellungsbeschluss das Verfahren lediglich einleite und nicht beschließe. Es gehe noch nicht um Inhalte, sondern lediglich um eine Entscheidungsgrundlage. Was und wie gebaut werden darf, werde in einem städtebaulichen Wettbewerb herausgearbeitet, sagte Kron.

Die Mehrheit der Bezirksbeiräte sah das freilich anders. „Wir in Vaihingen haben schon mehrfach erlebt, wie viel mit einem Aufstellungsbeschluss bereits vorgegeben wird“, sagte Gerhard Wick (SÖS). „Sicher, ich will Ihnen nichts vormachen. Sie sind Profis beim Thema Bebauungsplan“, erwiderte Kron. Er nutzte die Gelegenheit aber auch, um gleich noch einmal zu betonen, dass in Stuttgart dringend neue Gewerbeflächen gebraucht werden.

Basis ist die Variante 10

Bereits im September des vergangenen Jahres hatte der Gemeinderat einen Zielbeschluss gefasst. Grundlage war die sogenannte Planungsvariante 9. Diese sah vier- bis siebengeschossige Gebäude auf den ehemaligen Parkplatzflächen vor. Was vielen Stadträten nicht gefiel, war die Tatsache, dass die Waldränder nicht unangetastet blieben und nicht einmal das Wäldchen im Zentrum des Areals ein Tabu war. Also wurde noch mal nachgebessert.

Basis für den zu fassenden Aufstellungsbeschluss ist nun die Variante 10. Michael Hausiel vom Stadtplanungsamt bezeichnete diese als „größtmöglichen Kompromiss“. Ziel sei es, die denkmalgeschützten Gebäude zu erhalten, den Wald unangetastet zu lassen und einen möglichst großen Abstand zu den Bäumen einzuhalten. Gleichzeitig sei jedoch eine gewisse bauliche Dichte erforderlich. Denn sonst bleibt die Stadt auf dem Areal sitzen. Zudem ist vorgesehen, einen städtebaulichen Wettbewerb auszuschreiben, sobald ein Investor gefunden ist. „Mit dem Beschluss wollen wir ein Signal an einen möglichen Investor aussenden, der das Grundstück kauft“, sagte Hausiel.

Bezirksbeiräte sehen viele Probleme

Die Mehrheit des Bezirksbeirats hält davon freilich nichts. Konrad Ruf (Freie Wähler) äußerte die Befürchtung, dass die beiden Flurstücke getrennt verkauft werden und die Stadt die Fläche mit den denkmalgeschützten Gebäuden nicht losbekommt. Zudem sei das Gebiet nicht an die Ortsmitte angebunden. Kristin Wedekind (Grüne) argumentierte, dass Vaihingen den zusätzlichen Verkehr nicht mehr stemmen könne. Zudem sei der Standort „ungünstig für eine Siedlungsentwicklung“. Die Probleme bei Themen wie Kinderbetreuung und Nahversorgung seien vorprogrammiert. Wedekind plädierte dafür, ein oder zwei der denkmalgeschützten Gebäude zu erhalten, beispielsweise für ein Museum.

Wolfgang Georgii (CDU) sah es ähnlich. IBM habe das Gelände verlassen, weil es nicht mehr wirtschaftlich gewesen sei. Und einen falschen Standort könne man mit neuem Baurecht nicht richtig machen. Heike Dirmeier betonte, dass die FDP immer für wirtschaftliche Entwicklung sei, dieses Projekt aber dennoch ablehne. Sie schlug vor, die vorgesehene Bürgerbeteiligung vorzuziehen und erst dann gegebenenfalls einen Aufstellungsbeschluss zu fassen.

Lediglich die SPD war der Aufstellung eines neuen Bebauungsplans gegenüber nicht abgeneigt. Deborah Castello sprach von einem „architektonischen Schatz“. Klaus Trott fühlte sich an die Diskussionen über einen Fernomnibusbahnhof erinnert. „Den haben wir verhindert. Doch was wir bekommen haben, ist nicht viel besser“, sagte Trott. Am Ende stimmten 14 Bezirksbeiräte gegen den Aufstellungsbeschluss. Castello stimmte dafür, die anderen beiden SPD-Bezirksbeiräte enthielten sich.