Die Lehrerin Hildrun Bäzner-Zehender aus Weil der Stadt ist mit dem bekannten Flugzeug „Sofia“ weit hoch ins Weltall geflogen.

Weil der Stadt - Bei solchen Fotos werden die kleinen Augen immer größer. „Boa“, sagt einer. „Wissen Sie, wie viel Kabel da eigentlich verbaut wurden?“ Hildrun Bäzner-Zehender muss mit den Achseln zucken. „Nein, aber sicherlich tonnenweise“, sagt sie. Aber das ist das einzige Mal, das die erfahrene Astronomie-Kennerin keine Antwort mehr weiß.

 

Und schließlich referiert sie hier vor einem kundigen Publikum, das alles wissen will. Die Jugendgruppe der Weil der Städter Kepler-Sternwarte hat sich versammelt, um mehr von der weiten Reise zu erfahren. Hildrun Bäzner-Zehender war nämlich in zwölf Kilometern Höhe, höher, als die meisten Passagierflugzeuge fliegen. Ein wissenschaftliches Flugzeug hat sie dorthin gebracht, das auf den komplizierten Namen „Stratosphären-Observatorium für Infrarot-Astronomie“ hört.

Abgekürzt heißt das „Sofia“ – und die Sofia, die ist hierzulande keine Unbekannte. Nicht nur, weil sie schon öfter auf dem Stuttgarter Flughafen gelandet ist. Sondern auch, weil das deutsche Institut, das die Forschungseinrichtung zusammen mit der amerikanischen Nasa betreibt, an der Universität Stuttgart angesiedelt ist.

Jahrzehnte lang hat sie auf den Flug mit der Sofia gewartet

„Dadurch hatte ich schon immer Kontakt zur Sofia“, erzählt Hildrun Bäzner-Zehender. Denn der amerikanischen Nasa ist Bildung wichtig. Als sich Stuttgart um die Kooperation beworben hatte, brauchte man ein „Bildungsprogramm“. Und da war Hildrun Bäzner-Zehender zur Stelle. Als erfahrene Lehrerin am Johannes-Kepler-Gymnasium in Weil der Stadt baute sie das Bildungsprogramm mit auf.

Bis sie allerdings selbst mitfliegen durfte, hat es Jahrzehnte gedauert. Jetzt war es soweit, und die Jugendlichen in der Weiler Sternwarte sind schon ganz gespannt, wie es denn war. „Beim Start durfte ich sogar im Cockpit sitzen“, erzählt die Lehrerin und lächelt stolz. Bilder mit unzähligen Knöpfen zeugen davon. Sie zeigt auf einen der Knöpfe. „Das ist ein Knopf, den ansonsten kein anderes Flugzeug hat“, sagt sie, „der Knopf, mit dem man eine Tür auf- und zumacht.“

Denn wenn das Flugzeug oben im Himmel ist, öffnet sich die Tür – und ein Teleskop schaut heraus, mit dem die Forscher das Weltall genau studieren können. Weil das Flugzeug in rund zwölftausend Metern Höhe fliegt, befindet es sich oberhalb des Wasserdampfes der Erdatmosphäre – und dadurch ist die Infrarotstrahlung des Weltalls sichtbar.

„Die Forscher interessiert es besonders, wenn energiereiche Strahlung auf Prozesse trifft, die in kalten Gaswolken ablaufen“, erklärt Hildrun Bäzner-Zehender. Denn dabei können neue Sterne entstehen. Aber wie genau entstehen solche Sterne? Wie entstehen Planetensysteme, wie sind unser Sonnensystem und unsere Milchstraße entstanden? Fragen über Fragen, die nicht nur die Forscher in der Sofia beschäftigen. Fragen, die sich auch Hildrun Bäzner-Zehender schon stellt, seit sie denken kann. Spätestens jedoch seit der Mondlandung 1969. Da war sie 17 Jahre alt, heute bezeichnet sie das als ihr Schlüsselerlebnis. „Lehrerin wollte ich schon immer werden“, sagt sie, „aber nach der Mondlandung wusste ich, dass es Physik sein soll.“

Die Sofia ist in Kalifornien stationiert

In Tübingen hat sie Mathematik und Physik studiert – und natürlich alle Vorlesungen und Seminare belegt, die es zu astronomischen Themen gab. „Diese unglaubliche Weite des Alls fasziniert mich“, sagt sie. „Da sind wir Menschen nur ein winziger Krümel, das lehrt uns Bescheidenheit.“

Bei ihrem Flug mit der Sofia in die Nähe des Weltalls hat Hildrun Bäzner-Zehender diese Weite jetzt selbst kennen lernen können. „Einen dicken Pullover habe ich mitnehmen müssen“, erzählt sie den Mädchen und Jungen in der Jugendgruppe der Sternwarte. „Es war richtig kalt, die Sofia hat keine Heizung.“ Schließlich müssten all die komplizierten Geräte der Forscher kühl gehalten werden. Vor allem der Orion-Nebel stand bei dem Flug im Fokus des Interesses, den die Weil der Städter Lehrerin mitmachen dufte.

Vielleicht kommt die Sofia auch mal wieder nach Stuttgart

In Palmdale in Kalifornien ist die Sofia stationiert, von dort startet sie jede Nacht zu den Forschungsflügen. Acht Stunden ist sie dann unterwegs. „Die Forscher dort durften wir alles fragen, das war toll“, erzählt Bäzner-Zehender. Denn normalerweise ist sie es, die alle Fragen zum Weltall beantworten muss.

Seit 1999 bis zu ihrem Ruhestand 2013 war sie Lehrerin am Weiler Johannes-Kepler-Gymnasium – hier gibt es schließlich eine Sternwarte. Seitdem leitet sie die Jugendgruppe der Sternwarte. „Und vielleicht kommt die Sofia mal wieder nach Stuttgart“, erzählt sie den jungen Mitgliedern. „Dann fahren wir alle zu ihr.“

Astronomietag in Weil der Stadt

Termin
Die Kepler-Gesellschaft in Weil der Stadt beteiligt sich heute, Samstag, am bundesweiten Astronomietag 2017 zum Thema „Sehenswertes in der Sonnenbahn“. Amateurastronomen der Kepler-Sternwarte erwarten die Besucher im Johannes-Kepler-Gymnasium.

Programm
Von 16 Uhr an lässt sich bei wolkenfreiem Himmel die Sonne beobachten, nach dem Abendvortrag sind es die Sterne. Ab 18.30 Uhr gibt es im Kepler-Saal des Gymnasiums eine Astrofoto-Ausstellung und Erklärungen von Astronomie- und Planetariumsprogrammen am PC, außerdem eine Teleskopberatung.

Vortrag
Im Zentrum des Abends steht der Vortrag „Schöner wohnen auf dem Mars“ von André Thess, dem Direktor des DLR-Instituts für Technische Thermodynamik und des Instituts für Energiespeicherung der Universität Stuttgart. Beginn ist um 19.30 Uhr. Es geht es darum, dass Mond und Mars die beiden Himmelskörper sind, auf denen künftig Forschungsstationen mit zugehörigen Wohnanlagen erreichtet werden sollen.