Bisher haben nicht sehr viele ukrainische Flüchtlinge den Weg in den deutschen Arbeitsmarkt gefunden. Zunächst müssen die sprachlichen Barrieren abgebaut werden.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Mehr als eine Millionen Menschen aus der Ukraine haben seit Beginn des russischen Angriffskriegs in Deutschland Schutz gesucht. Rund 150 000 davon sind nach Baden-Württemberg gekommen. Ihre Möglichkeiten unterscheiden sich erheblich von Flüchtlingen aus anderen Herkunftsländern: Denn für ukrainische Staatsangehörige besteht bereits seit 2017 die Möglichkeit der visumsfreien Einreise nach Deutschland.

 

Auch wurde den Flüchtlingen aus dem Kriegsgebiet ohne Asylverfahren vorübergehender Schutz eingeräumt und es wurde eine bis 4. März 2024 befristete Aufenthaltsgenehmigung geschaffen. Damit ist es ukrainischen Geflüchteten möglich, unmittelbar nach dem Zuzug eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen oder Sprachkurse zu besuchen.

84 000 Ukrainer sind leistungsberechtigt

Auch in Baden-Württemberg haben davon bereits zahlreiche Menschen Gebrauch gemacht – oder es zumindest versucht: Laut Agentur für Arbeit waren im Januar 2023 rund 24 700 ukrainische Arbeitslose in den Jobcentern gemeldet. Das entspricht 18 Prozent aller Arbeitslosen (SGB II).

Nicht ganz so aktuelle Zahlen hat die Arbeitsagentur für die Menschen, die Grundsicherung beziehungsweise Bürgergeld bekommen. Der neueste Wert stammt aus dem Oktober 2022. „Da seitdem nicht mehr so viele Menschen aus der Ukraine nach Deutschland gekommen sind, dürfte sich die Zahl aber bis Januar nicht mehr stark verändert haben“, sagt Silke Haverland, die Pressesprecherin der Arbeitsagentur. Demnach waren im Oktober knapp 84 000 Ukrainerinnen und Ukrainer leistungsberechtigt, darunter 55 500 im erwerbsfähigen Alter und 28 500 Kinder.

Die meisten haben Sprachkurse belegt

Es gibt aber auch Flüchtlinge, die den Weg in eine Beschäftigung geschafft haben. Bisher sind 39 000 Menschen aus der Arbeitslosenstatistik verschwunden. Allerdings haben die meisten von ihnen Sprachkurse besucht oder eine Ausbildung angefangen. Die Zahl derjenigen Flüchtlinge, die im ersten Arbeitsmarkt in Deutschland angekommen sind, liegt im einstelligen Tausenderbereich.

Noch schwieriger wird es, wenn es um aktuelle Zahlen zu den Menschen aus der Ukraine geht, die tatsächlich im ersten Arbeitsmarkt in Deutschland tätig sind. Dabei tauchen auch jene Ukrainer in der Statistik auf, die schon vor Kriegsbeginn in Deutschland gewohnt haben. Nach Hochrechnungen der Arbeitsagentur ist die Zahl sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungen seit dem Kriegsbeginn bis zum November 2022 um 8000 auf 15 300 gestiegen. Die meisten von ihnen sind im verarbeitenden Gewerbe beschäftigt – darunter viele in der Metall- und Elektroindustrie.

Hohes Bildungsniveau, hoch qualifizierte Jobs

Gerade hat das Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) eine Studie zu Geflüchteten aus der Ukraine veröffentlicht und 11 000 Flüchtlinge befragt. Verglichen mit der Gesamtbevölkerung ihres Herkunftslandes weisen demnach die ukrainischen Geflüchteten in Deutschland ein hohes Bildungsniveau auf: So verfügen 72 Prozent über einen Hochschul- oder einen vergleichbaren Bildungsabschluss. 85 Prozent der Befragten ging vor der Flucht einer Erwerbstätigkeit nach, überproportional viele davon in einer hoch qualifizierten Beschäftigung.