Nach Jahren haben sich das Verkehrsministerium, die Landräte der Kreise Calw und Böblingen sowie die Rathauschefs sich auf ein Konzept für eine Bahnverbindung nach Stuttgart geeinigt. Die Hesse-Bahn wird am Ende eine S-Bahn sein.

Stuttgart - Was sich in den vergangenen Wochen angedeutet hat, ist wohl erreicht: In dem Streit über eine Bahnverbindung Stuttgart-Calw haben sich die Beteiligten geeinigt – und sich für die S-Bahn entschieden. Die Hesse-Bahn wird nur vorläufig fahren, und zwar, bis die Strecke von Weil-der-Stadt nach Calw für die S-Bahn ausgebaut ist. Der Vize-Verkehrsminister Uwe Lahl, der die Gespräche moderiert hat, spricht bereits von einer „Erfolgsstory“ – sofern die kommunalen Gremien zustimmen.

 

Der Durchbruch ist bei einem Spitzengespräch am Dienstag in Stuttgart gelungen. Auch Calw steht nun hinter einer S-Bahn-Lösung. Und der Landkreis hat zugesagt, dass vorläufig zu den Zeiten, in denen ein Express-Zug zwischen Stuttgart-Zuffenhausen und Weil der Stadt verkehrt, die Hesse-Bahn nicht bis Renningen fährt, sondern schon in der Kepler-Stadt endet, damit sich die Züge nicht in die Quere kommen. Aus diesem Grund wird der Renninger Bürgermeister Wolfgang Faißt dem Gemeinderat wohl vorschlagen, die Klage gegen das Schienenprojekt zurückzuziehen.

Erstmals wieder eine große Runde

Erstmals seit der Verhandlung um dieses sogenannte Stufenkonzept im Juni 2015 haben alle Beteiligten in großer Runde wieder zusammengesessen. Neben Lahl waren das die Landräte Helmut Riegger (Calw) und Roland Bernhard (Böblingen), die Bürgermeister Thilo Schreiber (Weil der Stadt) und Wolfgang Faißt (Renningen) sowie Nicola Schelling, die Regionaldirektorin des Verbands Region Stuttgart (VRS).

In den vergangenen Jahren hatte sich der Calwer Landrat stets skeptisch gezeigt: Zu teuer sei das. Er wisse nicht, wer das bezahlen solle, sagte Helmut Riegger. Mindestens 28 Millionen Euro kostet es, die Strecke nach Calw zu elektrifizieren, damit dort eine S-Bahn fahren kann. Aber: „Unter der Voraussetzung, dass eine Vereinbarung der Projektpartner hinsichtlich eines möglichen Betriebskonzepts, einer seriösen Kostenermittlung, einer Verständigung über die Finanzierung sowie zum zeitlichen Horizont getroffen wird, stand Landrat Riegger einer S-Bahn-Verlängerung in Stufe 2 auch bisher aufgeschlossen gegenüber und hat dies mehrfach kommuniziert“, heißt es im Calwer Landratsamt.

Mittlerweile besteht zudem die Möglichkeit auf eine erhöhte Bundesförderung. Von „großzügigen 90 Prozent Bundeszuschuss“ berichtet ein Sprecher des Verkehrsministeriums. Gewissheit gibt es vermutlich erst im Februar 2020. Ausgenommen von dem Zuschuss wären in jedem Fall die Planungskosten. Diese und die verbliebenen zehn Prozent der Umsetzungskosten wollen sich der Landkreis Calw und der Verband Region Stuttgart „entsprechend ihres Verantwortungsbereichs aufteilen“. Der Löwenanteil freilich fiele auf Calw. Im Gegenzug bekräftigte das Landesverkehrsministerium eine Zusage, die Winfried Hermann (Grüne) im vergangenen Februar schon mal gegeben hatte, nämlich dass man sich später an den Betriebskosten der S-Bahn beteiligt.

Der politische Weg ist frei

„Damit ist der politische Weg frei für eine Realisierung der S-Bahn nach Calw“, sagt Uwe Lahl. Umgekehrt heißt das: Am vorläufigen Betrieb der Hesse-Bahn bis Renningen wird nicht gerüttelt. Calw sichert aber zu, währenddessen einer Express-Bahn Vorrang zu gewähren. In den Hauptverkehrszeiten fährt diese S-Bahn zwischen Weil der Stadt und Stuttgart-Zuffenhausen. Die Züge dafür sollen Ende 2022 geliefert werden.

Konkret wird es vorerst so aussehen: Morgens und nachmittags fährt die Hesse-Bahn bis Weil der Stadt, dort können die Fahrgäste in die Express-S-Bahn umsteigen. In den Randzeiten pendelt die Hesse-Bahn bis Renningen. Allerdings muss Calw dafür den dortigen Bahnhof für 2,5 Millionen Euro umbauen.

Der Kompromiss der Nachrangigkeit der Hesse-Bahn war nötig, weil der Abschnitt zwischen Renningen-Malmsheim und Weil der Stadt nur eingleisig ist und schon heute in der Spitzenzeit von acht S-Bahnen pro Stunde befahren wird. Kapazitäten gibt es da allenfalls noch für einen einzigen, halbstündlich fahrenden Zug. Das wird nun – je nach Tageszeit – entweder die Hermann-Hesse- oder die Express-S-Bahn sein.