Ausgerechnet die beidem am ländlichsten geprägten Stadtbezirke von Stuttgart haben keinen Wochenmarkt. Bisher wurde der Wunsch danach stets abgebügelt. Inzwischen hat sich der Wind allerdings gedreht.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Plieningen/Birkach - Immer wieder samstags ist Gerhard Steck besonders froh um seinen Bauernhof mitten in Plieningen. Zwischen 8 und 12.30 Uhr gibt es dann bei ihm auf dem Hof nämlich frisches Gemüse zu kaufen – und das Geschäft läuft gut, sagt der Plieninger Landwirt. „Das Ganze ist im Wachstum begriffen.“ An seinem Stand bekommen die Leute Kartoffeln, Lauch oder Karotten Marke Eigenanbau, aber Steck hat auch Ware von Kollegen aus Bernhausen oder Neuhausen im Sortiment, Gemüse wie Salat oder Tomaten, die er selbst nicht anpflanzt. Zum Großmarkt fährt er aber nicht um seine Auslage aufzubessern, „wir achten schon auf Regionalität“, sagt er. Gerhard Steck bezeichnet seinen Hofverkauf am Samstag als inoffiziellen Wochenmarkt von Plieningen. Denn einen offiziellen Markt gibt es nicht – weder in Plieningen noch in Birkach. Und das ausgerechnet in den Bezirken, die die ländlichsten Stuttgarts sind.

 

Der Wunsch nach einem Markt in Plieningen – aber auch in Birkach – ist kein neuer. In den Bürgerhaushalten wurde der Vorschlag gemacht, und bei der jüngsten Einwohnerversammlung hat eine Frau die Idee angesprochen. Wer das Thema ebenfalls wichtig nimmt, ist die Bezirksvorsteherin Andrea Lindel. Deshalb hat sie das Ganze erneut angestoßen. Sie berichtet, dass sie mit dem Geschäftsführer der Märkte Stuttgart – zuständig unter anderem für die Wochenmärkte – im vergangenen Herbst verschiedene Orte in Birkach und Plieningen angeschaut hat. Die Prüfung laufe noch.

Stuttgart-Birkach hat wohl schlechte Karten

Bisher hatten Märkte Stuttgart abgewunken. Und für Birkach bleibt es wohl beim Nein. Dort habe sich kein geeigneter Standort gefunden, sagt Thomas Lehmann, Geschäftsführer der Märkte Stuttgart, auf Nachfrage unserer Zeitung. Doch im Hinblick auf Plieningen könnte sich der Wind drehen. Der einzig geeignete Ort dort wäre laut Lehmann der Mönchhof. Es wäre übrigens nicht der erste Wochenmarkt, der an dieser Stelle ausgerichtet wird. Bereits vor 20 Jahren boten Beschicker auf dem historischen Hof vor der Zehntscheuer Gemüse, Obst und andere Marktwaren feil. Doch das ging nicht lange gut, weil damals zu wenige Menschen das Angebot genutzt haben. Deshalb prüfe man die Angelegenheit aktuell sehr genau. Doch für Lehmann ist der Flop von damals kein Grund, die Anfrage aus Plieningen gleich in der Schublade verschwinden zu lassen. „Das Einkaufsverhalten und die Bevölkerungsstruktur haben sich deutlich geändert“, sagt er. „Ich würde mich freuen, wenn das klappt. Es wäre unser 30. Wochenmarkt in Stuttgart, das wäre eine tolle Sache.“ Bis Februar oder März werde die Entscheidung fallen. Doch selbst wenn es dann grünes Licht gebe, sei noch nicht gesagt, dass es gleich 2020 klappt, das könnte zu knapp werden. „Dann aber vielleicht im nächsten Jahr“, sagt Lehmann.

In Stuttgart gibt es aktuell 29 Wochenmärkte. Neben Birkach und Plieningen sind Münster und Obertürkheim die einzigen Stadtbezirke ohne. Der neueste Markt ist der an der Mittnachtstraße in Stuttgart-Nord, wie Lehmann sagt, er wurde 2019 eingeführt. „Zuffenhausen und Gablenberg sind die Märkte, die kränkeln.“ Besonders gut laufen laut dem Geschäftsführer der Märkte Stuttgart die Wochenmärkte in Sillenbuch, Vaihingen, Stuttgart-Mitte, am Wilhelmsplatz und in Weilimdorf. Für diese Märkte stehen auf den Wartelisten Beschicker, die auch gern zum Zuge kommen würden. Wie leicht sich für Plieningen Händler finden würden, ist eine der Fragen, um deren Beantwortung sich die Märkte Stuttgart derzeit kümmern. Ein Markt sei erst ab sechs, sieben Ständen sinnvoll, sagt Lehmann.

Aufwand stand in keinem Verhältnis zum Nutzen

Monika Mayer und ihre Familie betreiben in Plieningen den Haldenhof, eine Demeter-Landwirtschaft. Sie waren damals vor 20 Jahren dabei, als es den Markt auf dem Mönchhof gab. „Wir waren mit die Letzten, die bis zum Schluss geblieben sind“, erzählt sie. „Wir haben eine Weile durchgehalten.“ Doch irgendwann hat es sich schlicht nicht mehr gelohnt. „Der Aufwand steht in keinem Verhältnis, wenn man sein ganzes Sach’ wieder mitnimmt“, sagt Monika Mayer. An einer Neuauflage sind die Mayers nicht interessiert. Sie gehen samstags nach Fellbach auf den Markt und sind dort sehr zufrieden. Zudem verkaufen sie ihr Obst und Gemüse im Hofladen. „Mehr möchten wir gar nicht“, sagt sie. „Wir müssen ja auch noch anbauen.“

Gerhard Steck, der den Bauernhof mitten in Plieningen betreibt, geht es ganz genauso. Es wäre umständlich, sagt er, alle Waren einzupacken und zum Markt zu fahren, da nutzt er samstags lieber seinen Standortvorteil direkt vor der Haustür.