Die Stadt Ludwigsburg und Breuninger haben einen überraschenden Kompromiss erzielt – das Einkaufszentrum auf der Grünen Wiese kann erweitert werden. Die Nachbarkommunen sind verärgert. Sogar eine Klage ist denkbar.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Ludwigsburg - Von „intensiven Verhandlungen“ schreibt Breuninger in einer am Mittwoch verschickten Mitteilung, und das ist in dem Fall wohl freundlich untertrieben. Seit mehr als acht Jahren will das Unternehmen die Shopping-Mall auf der Grünen Wiese im Ludwigsburger Norden erweitern, immer wieder sagte das Rathaus Nein, aber jetzt haben beide Seiten einen Kompromiss gefunden. Einen Kompromiss, für den Breuninger weit von den ursprünglichen Plänen abrücken musste.

 

Die Stadt erlaubt, die Flächen für Gastronomie und Dienstleistungsangebote in dem heute rund 40 000 Quadratmeter großen Einkaufszentrum um 1800 beziehungsweise 700 Quadratmeter zu erweitern. Außerdem darf das Parkhaus am Breuningerland um eine Ebene aufgestockt werden, um 130 zusätzliche Stellplätze zu schaffen. „Die maßvolle Erweiterung stellt für den Handel in Ludwigsburg und in den Nachbarkommunen eine vertretbare Lösung dar“, sagt Oberbürgermeister Werner Spec. Angetreten war die Breuninger GmbH mit dem Ziel, um 15 000 Quadratmeter zu wachsen.

Statt der geplanten 750 dürfen nur 130 zusätzliche Parkplätze geschaffen werden

Stattdessen muss man sich nun mit einem Sechstel davon begnügen, und nichts davon darf der Verkaufsfläche zugeschlagen werden; der Zuwachs ist ausschließlich für Gastronomie und Dienstleistungen reserviert. Ursprünglich waren auch 750 zusätzliche Parkplätze vorgesehen.

Gleichwohl zeigt sich Willy Oergel, der Vorsitzende der Breuninger-Unternehmensleitung, zufrieden. „Es ist gut, eine Einigung mit der Stadt erzielt zu haben“, sagt er. Die Erweiterung sei notwendig, um „die Attraktivität für unsere Kunden zu erhalten“. Auch Breuninger betont, dass der Kompromiss die eigenen Interessen mit jenen der City und der Nachbargemeinden in Einklang bringe.

Diese Aussage ist gewagt – um nicht zu sagen: falsch. Der größte und wichtigste Nachbar jedenfalls, die Stadt Bietigheim-Bissingen, protestiert. Am Mittwochvormittag wurde der Oberbürgermeister Jürgen Kessing über die überraschende Einigung informiert, wenige Stunden später ist sein Ärger noch nicht verraucht. „Das berührt unsere vitalen Interessen“, sagt er, und das gelte auch für andere Nachbarn wie Tamm oder Besigheim. „Das konterkariert all unsere Bemühungen, unsere Innenstädte attraktiv zu machen.“ Breuningerland gehe es um eine erhebliche Attraktivitätssteigerung. Das führe zwangsläufig dazu, dass noch mehr Kaufkraft auf die Grüne Wiese fließe.

Die Nachbarkommunen können den Ausbau wohl nicht mehr verhindern

Maßvoll – dieses Wort ist in der offiziellen Breuninger-Mitteilung gleich mehrfach abgedruckt, und auch damit ist Kessing nicht einverstanden. „Was maßvoll ist, kommt aufs Auge des Betrachters an“, kritisiert der OB. Die gesamte Innenstadt von Bietigheim-Bissingen verfüge über eine Verkaufsfläche von 5000 Quadratmetern. „Für Stuttgart oder Ludwigsburg mögen zusätzliche 2500 Quadratmeter bei Breuninger eine Petitesse sein, aber für uns ist das eine Riesensache.“

Auch in Ludwigsburg waren die Erweiterungspläne immer umstritten – was ein Grund für die extrem langen Verhandlungen war. „Letztlich hat sich Breuninger die Zustimmung mit dem Umbau des Marstalls erkauft“, sagt ein Insider. Betrieben wird das Breuningerland von der Hamburger Projektmanagement-Gesellschaft ECE, die 2013 auch das marode Marstall-Einkaufszentrum in der City kaufte, 90 Millionen in die Wiederbelebung investierte und damit die größte Wunde in der City schloss. Danach bröckelte auch im Gemeinderat der Widerstand gegen die Erweiterungspläne fürs Breuningerland, obwohl dieser noch 2009 mit einer Veränderungssperre jeden Ausbau unmöglich gemacht hatte.

Dieser Beschluss wird nun aufgehoben. Breuninger hat bereits eine Bauvoranfrage eingereicht, die unter formalen Aspekten geprüft werden muss – dann wird die Stadt das Vorhaben genehmigen und voraussichtlich im Herbst den Bebauungsplan anpassen. Verhindern können die Nachbarn dies wohl nicht, zumal auch der Regionalverband, der am Mittwoch nicht für eine Stellungnahme erreichbar war, Zustimmung signalisiert hat. „Man könnte versuchen, dagegen zu klagen“, sagt Kessing, wohl wissend, dass die Erfolgsaussichten gering sind. Er werde jetzt erst einmal ein Stimmungsbild in seinem Gemeinderat einholen. „Die Stadträte wissen ja noch gar nichts von ihrem Glück.“