Die CSU macht Front gegen Armutszuwanderer aus Südosteuropa. In Baden-Württemberg stößt die bayerische Sicht auf wenig Gegenliebe: Sie sei populistisch und viel zu unausgewogen, finden die Kritiker.

Die CSU macht Front gegen Armutszuwanderer aus Südosteuropa. In Baden-Württemberg stößt die bayerische Sicht auf wenig Gegenliebe: Sie sei populistisch und viel zu unausgewogen, finden die Kritiker.

 

Mannheim/Stuttgart - In der Diskussion um Neuzuwanderer aus Bulgarien und Rumänien bekommt die CSU Gegenwind aus dem Südwesten. „Wir sollten erst einmal die Chancen sehen“, sagte der CDU-Integrationsexperte Bernhard Lasotta der Nachrichtenagentur dpa am Montag in Mannheim. Die Einwanderer könnten helfen, dem „enormen Fachkräftemangel“ auch in Baden-Württemberg entgegenzuwirken. Am 1. Januar wird der deutsche Arbeitsmarkt für Rumänen und Bulgaren geöffnet. Die CSU befürchtet einen Missbrauch der Sozialsysteme und will Ausländern den Zugang dazu erschweren - etwa durch eine dreimonatige Sperrfrist für Hartz-IV-Hilfen.

„Die Diskussion muss natürlich geführt werden, es ist richtig, dass die CSU das aufgreift - aber man muss das differenzierter tun“, sagte Lasotta, der integrationspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion. „Mir läuft die Debatte zu sehr in eine Richtung.“ Missbrauch von Sozialsystemen gebe es immer, da bildeten auch deutsche Staatsbürger keine Ausnahme. Er glaube aber nicht, dass es wegen der neuen Freizügigkeitsregelung einen massiven Anstieg von Missbrauchsfällen geben werde. „Wir haben sehr viele qualifizierte Zuwanderer aus Bulgarien und Rumänien“, sagte Lasotta.

Die CSU hatte am Wochenende eine heftige Debatte über das Thema ausgelöst, weil bekanntgeworden war, dass sie auf ihrer Klausur Anfang Januar einen schärferen Kurs gegen Armutszuwanderer aus EU-Staaten beschließen will.

Öney kritisiert den Ton der CSU scharf

Auch Baden-Württembergs Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) kritisierte den Ton der CSU scharf. Es sei zwar sinnvoll, sich Gedanken über die Integration der Neuzuwanderer zu machen, erklärte sie. „In hysterischen Debatten geraten allerdings die Fakten zu kurz.“ Diese zeigten, dass Einwanderer aus Bulgarien und Rumänien nicht pauschal „Armutszuwanderer“ seien. „Wer die Zahlen berücksichtigt, diskutiert hoffentlich anders.“

Rumänen und Bulgaren sind zwar EU-Bürger, für sie gilt aber bis zum Jahreswechsel noch die eingeschränkte Freizügigkeit: Mit Ausnahme von Hochschulabsolventen und Auszubildenden müssen sie eine Genehmigung beantragen, bevor sie eine Arbeit aufnehmen. In Städten wie Mannheim häufen sich Fälle von Zuwanderern, die als Scheinselbstständige arbeiten. Dies sei das eigentliche Problem - nicht der Missbrauch von Sozialleistungen, betonte Lasotta.

Baden-Württembergs Europaminister Peter Friedrich (SPD) warf der CSU wahltaktisch motivierten Populismus vor. „Das, was wir in Sachen Willkommenskultur mühsam aufgebaut haben, zerdeppert die CSU gerade wie ein populismusbesoffener Elefant im Porzellanladen“, sagte er. Die CSU habe vermutlich Angst vor der eurokritischen Partei Alternative für Deutschland (AfD) und vor den Wählern bei der Europawahl im Mai. Der SPD-Politiker forderte die Wirtschaft auf, sich entschieden für einen offenen Arbeitsmarkt einzusetzen und dem „populistischen Treiben“ entgegenzutreten.