Das Möhringer Start-up „Umverpackt“ will nachhaltiges Einkaufen neu erfinden: mit Pfandgläsern, die in einer Behindertenwerkstatt befüllt werden. Die beiden Gründer denken groß.

Wer Folien, Tütchen und Schachteln der Umwelt zuliebe vermeiden will, geht im Unverpacktladen einkaufen. Dort kann man sich Waren in der gewünschten Menge abfüllen. Allerdings gilt: Tupperdose oder einen anderen Behälter nicht vergessen. Ein Start-up aus Möhringen will das nachhaltige Einkaufen neu erfinden, und zwar durch ein lokales Mehrwegsystem. Nudeln, Gummibärchen oder Haferflocken – alles regional und bio – gibt’s in großen Pfand-Schraubgläsern, die man sich direkt in den Vorratsschrank stellen kann. Das Losziehen mit der Frischhaltebox entfällt.

 

Zehn Beschäftigte beim BHZ

„Umverpackt“ nennt sich das Ganze in Möhringen. Katrin Haar und Matthias Furch sind die Gründer. Sie kommt aus der Marketingbranche und hat die vergangenen 17 Jahre damit zugebracht, vier Kinder großzuziehen, er führt eine Schreinerei. „Die Basis war: etwas Sinnvolles machen, das uns am Herzen liegt“, erklärt Matthias Furch. Man habe das Verpackungsfrei-Prinzip aus der Nische holen und einer breiten Masse zugänglich machen wollen. „Der Unverpackt-Einkauf ist mühselig und im Alltag schwer umzusetzen“, findet er. „Umverpackt“ soll indes sowohl den „Bioenthusiasten“ als auch den Kunden mit wenig Zeit befriedigen. Das Besondere: Gereinigt, befüllt und mit Etiketten bestückt werden die Gläser in der Behindertenwerkstatt des BHZ auf dem Fasanenhof. Dort kommen Nüsse, Kekse und Co. in Kartons, Säcken und anderen Großgebinden an. „Die arbeiten dort schon immer hygienisch auf hohem Niveau“, sagt Matthias Furch. Carola Meyer, die Werkstattleiterin, erklärt, dass in Hochzeiten bis zu zehn Beschäftigte mit den „Umverpackt“-Waren zugange seien.

Mehr Produkte anbieten

Aktuell gibt es die Pfandgläser nur im Hofladen des Möhringer Landwirts Klaus Brodbeck. Dort ist man vor einem Jahr als Pilotprojekt gestartet. „Die Verkäufe haben sich stabilisiert, die Kunden freuen sich darüber“, sagt Matthias Furch. Der Umsatz sei gut, „und wenn es so weiterläuft, sind wir positiv gestimmt“. Von den aktuell etwa 25 Produkten will man sich zeitnah auf ein Sortiment von 40 bis 50 Produkten steigern. Matthias Furch gibt als Planzahl heraus, dass man bei „Umverpackt“ anstrebe, in einem Dreivierteljahr auf Null rauszukommen. Mit ihrer Geschäftsidee haben sich die beiden um eine Förderung über den Klimaschutzfonds der Stadt Stuttgart beworben.

Hofläden an Bord holen

Die Gründer haben viel vor. In einem nächsten Schritt wollen sie weitere Hofläden als Partner gewinnen. Außerdem soll bald eine Homepage an den Start gehen, über die Verbraucher direkt bestellen können. Über mögliche Vertriebswege haben sich Katrin Haar und Matthias Furch ebenfalls reichlich Gedanken gemacht. Sie reichen vom Verkauf als Bestandteil sogenannter Grüner Kisten über Auslieferungen per Lastenrad oder Carsharing-Auto bis hin zu Click and Collect bei Partnern wie Tankstellen und Gastronomiebetrieben. Vor allem vom Dranhängen an die Auslieferung von Gemüsekisten verspricht sich das Duo viel. Immerhin bestehe bereits eine Lieferlogistik, und die Zielgruppe sei auch dieselbe. „Das bauen wir gerade auf“, sagt Katrin Haar.

Hoffen auf Expansion

Was ihr und ihrem Kompagnon wichtig ist: „Umverpackt“ soll sich langfristig nicht nur auf den Stuttgarter Süden beschränken. Eine Kooperation mit dem BHZ in Feuerbach können sich die Gründer vorstellen, um den Norden der Landeshauptstadt zu bedienen. Selbst eine Ausdehnung auf ganz Baden-Württemberg oder ganz Deutschland sei denkbar. „Wenn wir hier einmal wirtschaftlich dastehen, ist das beliebig skalierbar“, sagt Katrin Haar.

Von der Krise, in der sich zurzeit viele Unverpacktläden als Folge des Ukraine-Krieges befinden, wollen sie und Matthias Furch sich nicht entmutigen lassen. „Wir sehen mit Sorge, dass die Läden reihenweise in die Knie gehen“, sagt er, aber „Umverpackt“ könne mit einem anderen Konzept punkten. Katrin Haar pflichtet ihm bei. In Sachen Ökobilanz sei ihre Geschäftsidee „das Nonplusultra“.