Zum Auftakt ihres 22. närrischen Geburtstags taufen die Mühlenhexen in Mühlhausen ihren Nachwuchs – erst dann ist dieser reif für die Maske.

Region: Corinna Meinke (com)

Mühlhausen - Mühlenhexen rot, grün, schwarz, machen überall Rabatz“, tönt es durch den Ort, der vielen in erster Linie als Autobahnausfahrt kurz vor dem Albaufstieg an der Autobahn 8 bekannt sein dürfte. An diesem Abend scheint den Bewohnern von Mühlhausen das leidige Thema Verkehr, Straßen- und Bahnlärm jedoch herzlich egal zu sein, denn mit einem besonderen Ritual, begleitet von wiederholten Narrenrufen, läuten sie die Hochsaison der fünften Jahreszeit ein: Es ist wieder Zeit für die Maskentaufe. Und das Spektakel findet bereits im 22. Jahr statt, das die Narren dank der Schnapszahl als Jubiläum feiern.

 

Kein Durchkommen an der Hammerschmiede

Trotz der frostigen Temperaturen drängen sich dazu an der Hammerschmiede im Ortskern von Mühlhausen so viele Menschen mit und ohne Häs, dass kaum noch ein Durchkommen ist. Alle wollen den Nachwuchs der Mühlenhexen begrüßen. Endlich bahnen sich die verspätet eingetroffenen Guggamusiker Nausstragger aus Wäschenbeuren den Weg zur Fils und bringen mit ihren fetzigen Rhythmen die wartenden und frierenden Zuschauer in Bewegung.

Nachwuchsmangel scheinen die Mühlenhexen nicht zu kennen. Auch dieses Mal stehen fünf Bewerber an der Hammerschmiede parat, um ihre nagelneuen Masken mit dem acht Grad kalten Filswasser taufen zu lassen – erst nach diesem Ritual dürfen sie sich in echte Mühlenhexen verwandeln. Typisch für die Hexen sind neben der hölzernen Maske mit der großen Hakennase und den buschigen Augenbrauen samt Rosshaar das Gewand in den Farben Rot, Grün und Schwarz.

Im Tauftrunk schwimmt eine Knoblauchzehe

Als Erste ist Kim an der Reihe. Die junge Frau aus Gruibingen tritt beherzt an den kleinen Filssteg und setzt ihre Maske samt Kopftuch auf. Kaum hat ihr Pate sie gesichert, beugt Kim den Kopf nach unten und lässt sich unter dem Gejohle der Tälesbewohner einen Eimer Filswasser über das Kopftuch schütten. Und mit einem tiefen Zug aus einem undefinierbaren roten Gebräu, das das Vorstandsteam der Mühlenhexen um Zunftmeister Marc Wohanka aus einer Flasche kredenzt, die an dem Eimer befestigt ist, endet die erste Taufe. Dann geht es Schlag auf Schlag.

Als letzter Täufling muss schließlich Kai die Flasche leeren, in der nicht nur eine einzige Knoblauchzehe zu schwimmen scheint. „Wer dich heute Abend küsst, ist gleich desinfiziert“, witzelt unterdessen Uwe Burghardt, der als die Stimme der Tälesfasnet gilt, weil er von je her alle Umzüge im Ort moderiert.

Die Brühlkuckuck fungieren als Taufpaten

Burghardt ist übrigens auch der Begründer der Mühlenhexen. Ende der 1990er Jahre kam er im Kreise von 15 Gleichgesinnten auf die Idee, die Fasnet im Täle mit eigenen Maskenträgern zu bereichern. Der Name Mühlenhexen war schnell gefunden, da es in Mühlhausen von alters her viele Mühlen gab und ein befreundeter Schnitzer bereits ein paar Hexenmasken vorrätig hatte.

Doch zurück zur Taufe: Auch der Bürgermeister Bernd Schaefer beobachtet mit roten Wangen das Ritual. Er sei ja quasi im Häs auf die Welt gekommen, bekennt der gebürtige Oberschwabe. Da es in seiner Wahlheimat Mühlhausen aber mit den Mühlenhexen und den Brühlkukuck, die bei der Maskentaufe als Paten fungieren, gleich zwei Hästrägergruppen gibt, zeige er sich hier auch während der fünften Jahreszeit stets nur zivil gekleidet.

Ausklingen lassen die Tälesbewohner das Hexenjubiläum beim Narrentreiben in der Dorfhalle, in der Melina und Tatjana den ersten großen Auftritt der Saison hinlegen. Die beiden Schülerinnen werfen als Tanzmariechen des örtlichen Heimatvereins sehr gekonnt die Beine stramm in die Luft. Und auch die übrigen Mitglieder der Tanzgarde beweisen beim Sprung in den Spagat großes akrobatisches Geschick.