Als Erich Schwendemann in den Gemeinderat gewählt wurde, war Kurt Georg Kiesinger Bundeskanzler. Jetzt steht seine letzte Gemeinderatssitzung unmittelbar bevor. Der 78-Jährige kandidiert nicht noch einmal.

Eislingen - Der Bau einer Überführung über die Bahn und die Fils ist das Topthema in Eislingen gewesen, als Erich Schwendemann in den Gemeinderat gewählt wurde. Jetzt soll genau diese Überführung, die eine hässliche Wunde in das Stadtzentrum geschlagen hat, wieder abgerissen und durch eine Unterführung an anderer Stelle ersetzt werden. Dazwischen liegen mehr als 50 Jahre. So lange schon sitzt Erich Schwendemann also für die CDU-Fraktion im Eislinger Gemeinderat.

 

Man muss sich das vorstellen: 1968 war Kurt Georg Kiesinger Bundeskanzler. Seither hat die Republik vier weitere Bundeskanzler und eine Bundeskanzlerin gesehen. Doch die Regierungschefs in Bonn oder Berlin interessierten Erich Schwendemann nur am Rande. Der gebürtige Eislinger hatte in seiner Ära als Stadtrat stets seine Heimatstadt fest im Blick und deren Oberhäupter. „Ich habe drei Bürgermeister, respektive Oberbürgermeister, erlebt, und ich bin mit allen gut ausgekommen“, erzählt er.

Einst war er der jüngste Stadtrat

Das gilt auch für den SPD-Mann Günther Frank, der 32 Jahre lang auf dem Chefsessel des Rathauses saß. Schwendemann erinnert sich noch gut, dass die Lokalpresse einst die CDU-Gemeinderatsfraktion rügte, weil diese zur Bürgermeisterwahl keinen eigenen Kandidaten aufgeboten hatte. Heute kann Erich Schwendemann darüber lachen. Er winkt ab: „Wozu hätten wir das denn tun sollen? Es lief doch alles gut.“

Als mit Abstand jüngster Stadtrat hat Erich Schwendemann 1968 angefangen. Jetzt geht er als „mit kleinem Abstand ältester Stadtrat“. Dass er zur Kommunalpolitik kam, ist einem, wie er sagt, Deal zu verdanken. Mit einem Bekannten machte er aus, dass er in die CDU eintrete, wenn dieser zur Kolpingsfamilie gehe. Erich Schwendemann hielt Wort. Bis zum Stadtrat war es dann nur noch ein kleiner, wenngleich nicht ganz freiwilliger Schritt. „Man hat so lange gezogen und geschoben, bis ich kandidiert habe“, erzählt er und räumt ein: „Ich hatte keine Ahnung von Politik.“ Er schwieg daher das erste Jahr vorsichtshalber, hörte zu und lernte.

Viele Projekte sind mit seinem Namen verbunden

Er begriff schnell, dass man in einem Kommunalparlament etwas erreichen kann, wenn man Zeit und Energie aufwendet und hin und wieder auch Gegenwind erträgt. Das fand er befriedigend, und so ließ er sich Anfang der Siebzigerjahre in den Kreistag wählen. Außerdem war er im Kirchengemeinderat aktiv. Eine aufreibende Zeit begann für den Stadtrat, der auch beruflich gefordert war, nachdem er im Jahr 1977 das väterliche Baugeschäft übernommen hatte. Erich Schwendemann brachte dafür die besten Voraussetzungen mit. Er hatte bei seinem Vater Maurer gelernt und in den Sechzigerjahren ein Ingenieurstudium an der Stuttgarter Fachhochschule drangehängt, das er 1966 mit Diplom abschloss. Weil irgendwann alles zu viel wurde, gab er schließlich sein Kreistagsmandat und den Kirchengemeinderat auf. „Ich bin kein Hansdampf in allen Gassen“, sagt er.

Der Kommunalpolitik in seiner Heimatstadt aber blieb er treu, auch als persönliche Turbulenzen sein Leben erschütterten. Er löste 1987 sein Baugeschäft auf und fing bei der Firma Keller-Bau in Süßen als Bauleiter an. Dort blieb er bis zu seinem Ruhestand. Auch wenn er stets betont, dass alles in der Stadt Erreichte nur gemeinsam zu schaffen gewesen sei, so gibt es einige Projekte, die eng mit seinem Namen verbunden sind, die Stadthalle etwa und die geplante Mühlbachtrasse, die die Bahn und die Fils in der Nähe des Rathauses unterqueren soll. Ursprünglich war geplant gewesen, diesen Tunnel genau an der Stelle zu bauen, an der jetzt noch die Bahnüberführung steht. „Das aber hätte jahrelange Verkehrsprobleme gegeben“, sagt Schwendemann, der im Jahr 2005 für sein vielfältiges Engagement mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde. Deshalb brachte er als Alternative die sogenannte Mühlbachtrasse ins Spiel. Die soll nun auch gebaut werden. „Ich hoffe, dass wir die beantragten Fördermittel kriegen.“

Schuldenstand in all den fast gleich geblieben

Auch wenn er zu den Verfechtern eines Abrisses gehört, findet Erich Schwendemann, dass der Bau der Überführung vor 50 Jahren richtig war. „Vorher stand man stundenlang vor den Schranken.“ Im Rückblick auf das vergangene halbe Jahrhundert blättert Erich Schwendemann noch einmal im Haushaltsplan 1969. Seit dieser Zeit habe sich der Umfang des Etats um das 10,8-fache erhöht, der Schuldenstand aber sei fast gleich geblieben, zieht er Bilanz. Viel habe die Stadt für die Schulen getan. „Damals gab es noch kein Gymnasium, jetzt stehen wir mit den Schulen sehr gut da, da war sich der Gemeinderat immer einig“, sagt er und blickt auf die Uhr. Der Ausschuss für Technik und Umwelt fängt gleich an. Sein letzter.