Die Stadt Stuttgart will für die Hauptsaison in der Eiswelt in Stuttgart-Degerloch Mitarbeiter befristet einstellen. Die Gewerkschaft Verdi kritisiert das als unfair und warnt die Stadt vor den Folgen.

Degerloch - Wer an einem solchen Job Interesse haben könnte, fragt sich der Gewerkschaftssekretär Eduard Hartmann. Er beschäftigt sich für die Gewerkschaft Verdi mit der Landeshauptstadt und den Interessen der Verwaltungsmitarbeiter. Ein Beschluss des Gemeinderats, an der Eiswelt künftig vom 1. Oktober bis 31. März Saisonkräfte einzustellen und dies mit der Einsparung einer Vollzeitkraft haushaltsneutral zu finanzieren, hält er für ein arbeiternehmerunfreundliches Konstrukt. „Wir sind da absolut dagegen und werden das auch der Stadt gegenüber kommunizieren“, sagt Hartmann.

 

Die Stadt sieht darin eine pragmatische Lösung

Für die Verwaltung steht hingegen fest, eine pragmatische Lösung gefunden zu haben. Eine bisherige 66,88-Prozent-Stelle wird ersetzt durch Saisonkräfte. Sie sollen dann für die Eiswelt arbeiten, wenn sie besonders benötigt werden. In der Zeit von Oktober und März, wenn die Eiswelt dem Eislaufpublikum offen steht, ist besonders viel zu tun. Insgesamt sollen die Saisonkräfte im Umfang von 133,76-Prozent-Vollzeitkräften arbeiten. Damit wird innerhalb der Hauptsaison also künftig doppelt so viel Arbeitskraft zur Verfügung stehen wie bisher. In der Nebensaison werden dagegen künftig 66,88 Prozent einer Vollzeitstelle fehlen.

Der Verdi-Mann Hartmann findet das widersinnig: „Ich vermute mal nicht, dass die Mitarbeiter an der Eiswelt vom 1. April bis 30. September nur Däumchen drehen.“ Anders ausgedrückt, würden aus seiner Sicht die Eiswelt-Angestellten in der Hauptsaison etwas entlastet, aber im Rest des Jahres müssten sie mehr arbeiten. „Das hilft den bisherigen Mitarbeitern höchstens kurzfristig in der Hauptsaison.“

Mitarbeiter stoßen an ihre Grenzen

Die Stadt rechnet vor, wie das neue Modell die Arbeit der Eiswelt-Mitarbeiter erleichtern wird. Von Oktober bis März müssen die Mitarbeiter in Früh- und Spätschichten an sieben Tagen in der Woche das Eisstadion betreiben. Bisher wurde die Arbeit auf die Schultern von zwei 100-Prozent-Stellen, der nun zu streichenden 66,88-Prozent-Stelle sowie einer 50-Prozent-Saisonkraft aufgeteilt. Mit der bisherigen 66,88-Prozent-Kraft sei in der Vergangenheit die Vereinbarung getroffen worden, in der Hauptsaison 80 Prozent zu arbeiten, heißt es in einer Erklärung der Stadt. Doch eben diese Mitarbeiterin ist nun Ende Juni ausgeschieden. „Mit dieser Stellenausstattung ist es während der Hauptsaison nur schwer möglich, einen 7-Tage-Betrieb unter Beachtung der arbeitsrechtlichen Vorgaben zu gewährleisten“, teilt die Stadt schriftlich mit. Krankheitstage oder sonstige kurzfristige Ausfälle seien gleichfalls schlichtweg nicht mehr auszugleichen, heißt es weiter.

Für Eduard Hartmann von Verdi steht fest, dass die Stadt für die Eiswelt schlecht geplant hat. „So eine Not ergibt sich, wenn zu wenig Personal eingestellt wird“, sagt er. Vor dem Hintergrund von Haushaltsüberschuss sei eine so knappe Personaldecke besonders fragwürdig, meint er. Saisonkräfte stellen für ihn nur eine Scheinlösung dar. Sie helfe den bisherigen Mitarbeitern kaum und benachteilige die neuen. „Für Arbeitnehmer ist das immer unfair. Sie müssen sich dann immer fragen: Wie verdiene ich mein Geld, wenn die Saison zu Ende ist?“, sagt er. Die Not müsse schon groß sein, um sich auf so einen Vertrag einzulassen.

Verdi warnt die Verwaltung

Solche Anstellungsverhältnisse würden aus seiner Sicht nicht zu einem attraktiven Arbeitgeber passen, meint er. „Und ein solcher sollte die Stadt schon allein aufgrund des demografischen Wandels sein. Viele heutige Mitarbeiter gehen schließlich auf absehbare Zeit in die Rente“, sagt er.

Verdi sei nun gerade dabei zu eruieren, ob die Stadt auch an anderer Stelle auf Saisonkräfte setze. „Für uns ist das ein Thema, das wir sehr ernst nehmen“, sagt er.