Mit der Weingärtnergenossenschaft Stetten bricht der Remstalkellerei in Beutelsbach ein bedeutender Partner mit renommierten Lagen weg. Die Mitglieder beschlossen den Austritt mit der nötigen großen Mehrheit. Der neue Partner ist eine familiengeführte Weinkellerei.

Kernen - Die Weingärtnergenossenschaft Stetten im Remstal tritt aus der Remstalkellerei in Weinstadt-Beutelsbach aus und vermarktet ihre Weine künftig in Zusammenarbeit mit der Familien-Weinkellerei Kern in Rommelshausen, dem anderen Ortsteil der Gemeinde Kernen. Bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung der Genossenschaft am Donnerstag stimmten von den anwesenden 63 von etwa 100 Mitgliedern mit knapp 94 Prozent der Stimmen für einen Austritt aus der Remstalkellerei. Die Satzung der Genossenschaft verlangt für einen solchen Beschluss eine 75-Prozent-Mehrheit, die aber locker erreicht wurde.

 

Entsprechend der zweijährigen Kündigungsfrist beschlossen die Wengerter konkret, den Vertrag mit der Remstalkellerei zum 31. Dezember 2020 aufzulösen. Dafür wählten sie eine offene Abstimmung. Nach einer knappen Stunde stand das Ergebnis bereits fest: 59 Ja-Stimmen konnten für den Beschluss festgestellt werden. „Wir waren überzeugt, dass die Mitglieder für den Austritt stimmen werden. Die große Zustimmung hat uns aber trotzdem überrascht“, sagte der Aufsichtsratsvorsitzende Martin Wilhelm nach der Versammlung. Das Ergebnis wurde unter Aufsicht der Rechtsanwaltskanzlei Trossbach – Geyer & Dr. Peterle festgehalten.

Wengerter erhoffen sich aus der Zusammenarbeit mit erfolgreichem Vermarkter Vorteile

„Wir haben heute als Gemeinschaft einen großen Schritt gemacht und können nun optimistischer in die Zukunft schauen“, sagt Rüdiger Borck, der Vorstandsvorsitzende der Weingärtnergenossenschaft Stetten. In Rommelshausen freut sich die Familie Kern über das deutliche Ergebnis. Die Rommelshauser Kellerei und die Stettener Wengerter wollen in Zukunft Vorteile durch die Zusammenarbeit wie kürzere Wege und gemeinsame Vermarktung der Weine aus den renommierten Stettener Lagen wie Pulvermächer und Häder nützen. Von der Kellerei Kern erwarten die Stettener Wengerter höhere Auszahlungen, als sie die Remstalkellerei erwirtschaftete. Was mit der in Zukunft kaum mehr benötigten Genossenschaftskelter in der Weinstraße in Stetten geschieht, ist noch offen.

Die Weingärtnergenossenschaft Stetten im Remstal bewirtschaftet derzeit knapp 50 Hektar Rebfläche vornehmlich in Stetten und hat derzeit mehr als 100 Mitglieder. Ein Großteil der Flächen ist mit Riesling in den Lagen Pulvermächer und Häder bestockt. Die Genossenschaft besteht seit 88 Jahren und ist seit 1940 an die Remstalkellerei angeschlossen. Die Wilhelm Kern GmbH ist seit ihrer Gründung in Stuttgart 1903 familiengeführt – mittlerweile in der 4. und 5. Generation. Seit 2012 werden die Trauben der knapp 130 Hektar großen Erzeugergemeinschaft in Rommelshausen gekeltert und zu Wein ausgebaut. Die mehr als 120 Vertragswinzer der Weinkellerei Kern bewirtschaften Rebflächen in ganz Württemberg.

Geschäftsführer der Remstalkellerei: Austritt nicht existenzbedrohend

Die Remstalkellerei hat derzeit noch 1182 Mitglieder, die eine Fläche von 540 Hektar bewirtschaften. „Wir bedauern den Schritt außerordentlich, sehen den Austritt aber nicht als existenzbedrohend an“, sagt Peter Jung, der Geschäftsführer der Remstalkellerei. Und fügt hinzu, es sei damit zu rechnen gewesen, dass der Austritt durchgehe. Natürlich stehe die Remstalkellerei weiterhin für jedes Mitglied der WG Stetten als Partner zur Verfügung. Erste Anfragen von Stettener Weingärtnern, die weiter mit der Remstalkellerei zusammenarbeiten wollten, seien schon eingegangen. „Rein juristisch wurde am Donnerstag über den Austritt der Weingärtnergenossenschaft Stetten aus der Remstalkellerei abgestimmt“, erklärt Jung. Da die Wengerter auch Einzelmitglieder in der Remstalkellerei seien, müsse sich erst noch zeigen, wer der Remstalkellerei die Treue halte und wer mit welchen Rebflächen zur Kellerei Kern wechsle. Natürlich seien von dem Austritt Reblagen mit einem gewissen Renommee betroffen, räumt Peter Jung ein: „Aber Pulvermächer wird beispielsweise nicht ausschließlich von der WG Stetten bewirtschaftet, es gibt also auch in Zukunft nach wie vor Flächen, die in der Remstalkellerei sind.“ Befürchtet der Geschäftsführer nach dem Austritt der Stettener Weingärtnergenossenschaft einen Dominoeffekt auf andere Ortsgenossenschaften? „Wir gehen nicht davon aus“, sagt Jung, „zumindest ist uns derzeit nichts bekannt.“