Wummernder Techno, jede Menge Bier und gute Laune: Beim Electrique Baroque war vieles ähnlich wie vor Corona, dabei hätten die Regeln eigentlich etwas anderes verlangt.

Digital Desk: Michael Bosch (mbo)

Ludwigsburg - Besser malen können hätten sich die Veranstalter das Wetter für das Electrique Baroque im Ludwigsburger Residenzschloss wirklich nicht. Organisator Stefan Pauen brauchte dann auch nur ein Wort, um die Bedingungen zu beschreiben: königlich. Am Samstag zeigte das Quecksilber gegen Nachmittag um die 27 Grad, die Sonne strahlte über dem barocken Prunkbau und mit ihr 5000 Feierwütige, die zum Technofestival gekommen waren. Sie einte vor allem eines: die Lust und das Bedürfnis, endlich mal wieder zu tanzen und zu feiern.

 

„Das hat natürlich gefehlt in der letzten Zeit.“ Dieser oder ähnliche Sätze kam vielen Besuchern des Festivals, das zum fünften Mal im Residenzschloss stattfand, über die Lippen. Einigen Gästen war es dabei egal, dass ausschließlich elektronische Musik aus den Lautsprecher dröhnte. „Eigentlich ist das nicht so meins“, sagt beispielsweise eine junge Frau aus Weil der Stadt, „wir wären wahrscheinlich auch zu einer Ballermannparty gekommen.“ Die Tickets hatte sie mit Freunden Wochen im Voraus gebucht. „Ich glaube nicht, dass man heute irgendetwas Besseres machen könnte“, sagt ein Mann Mitte 30, der ein paar Meter weiter steht.

Großer Andrang, lange Wartezeiten am Einlass

Wie groß die Freude bei einigen wirklich war, zeigte sich kurz nachdem sie die Sicherheitskontrollen hinter sich gebracht hatten: Manch einer brach in Jubel aus, andere klatschten freudig in die Hände. Bei dem ein oder anderen dürfte der Applaus allerdings nicht nur der Vorfreude, sondern auch der langen Wartezeit geschuldet gewesen sein – vor dem Einlass war viel Geduld gefragt. Gegen 16 Uhr zog sich die Schlange in mehreren Kurven über den Vorhof und entlang der Schlossstraße bis zum Westausgang des Blühenden Barocks. Die Verantwortlichen waren etwas davon überrascht worden, dass so viele Besucher relativ früh zum Schloss gepilgert waren. „Normalerweise hatten wir den Peak am Einlass immer zwischen 17 und 18 Uhr“, sagte Pauen. „Dass die Leute länger warten mussten, dafür können wir uns nur entschuldigen.“ Zu dem großen Andrang kam hinzu, dass ein Bus mit Securityleuten auf der A 8, die bei Pforzheim gesperrt war, im Stau stand und bei den Kontrollen, die wegen der 3G-Nachweise dieses Mal deutlich aufwendiger waren, fehlten.

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Der Veranstalter hatte „ein differenziertes Hygienekonzept“ bei der Stadt vorgelegt, die das Open Air nur deshalb erlaubte. Ursprünglich war auf dem ganzen Gelände eine Maskenpflicht vorgesehen gewesen, von der generellen Pflicht rückte man dann aber relativ kurzfristig ab. Eine Mund-Nasen-Bedeckung musste nur noch dort getragen werden, wo der Mindestabstand von eineinhalb Metern nicht dauerhaft eingehalten werden konnte: neben dem Einlass vor allem auf der Tanzfläche direkt vor der Bühne. Die laxeren Regeln, Schlossverwalter Stephan Hurst hatte von „Normalität mit Augenmaß“ gesprochen, hatten zu Beginn des Festivals viele Besucher goutiert, man sei ja ohnehin geimpft, hieß es meistens.

Festival wird kurzzeitig unterbrochen

Von dem Testangebot in einem Bus auf dem Vorhof machten dennoch viele – teils trotz Impfung – Gebrauch. „Das hat uns wirklich überrascht, wie gut die Tests angenommen wurden“, sagte Pauen. Hurst hatte vor der Party, noch einmal an die Besucher appelliert, sich an die Regeln zu halten. Das Festival könne „zum Maßstab und Vorbild für weitere Veranstaltungen werden“. Wurde es dann aber nur bedingt.

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Mit zunehmendem Alkoholkonsum fielen neben den Hemmungen auch viele Masken. Im Rausch, angeheizt von den stampfenden Beats, vergaßen viele das Coronavirus völlig. Überrascht haben dürfte das im Endeffekt aber niemanden – weder Polizei noch Ordnungsamt und auch nicht den Veranstalter. Es habe zwar überhaupt keine Zwischenfälle gegeben, nicht einmal Ruhestörungen hinterher, allerdings habe sich irgendwann „kaum noch einer an die Regeln gehalten“, teilte ein Sprecher der Polizei tags darauf mit. Gegen 21 Uhr – als die Stimmung quasi am Siedepunkt war – wurde die Musik für gut zehn Minuten unterbrochen, die Feiernden sollten sich beruhigen und wurden per Durchsage gebeten, die Masken wieder aufzusetzen. Einige kamen dem nach, andere nicht. In Abstimmung mit der Polizei und dem Ordnungsamt wurde die Veranstaltung – auch in Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit – trotzdem vollends zu Ende gebracht.

Veranstalter zieht positives Fazit

Stefan Pauen hätte es zwar gern gesehen, dass die Regeln noch besser eingehalten werden, am Ende zog er dennoch ein positives Fazit des Festivals unter Coronabedingungen: Es habe „keine Ausfälle“ gegeben, und „man hat den ganzen Tag über gemerkt, dass den Leuten solche Veranstaltungen wirklich gefehlt haben“.