Die EU-Kommission will für den Bau einer europäischen Batteriefabrik die Industrie an den Tisch holen, doch Unternehmen zeigen sich den Plänen gegenüber skeptisch.

Korrespondenten: Markus Grabitz (mgr)

Brüssel - Wenn es um Batterien für E-Autos geht, ist Europa auf Entwicklungsland-Niveau. 88 Prozent der weltweiten Produktionskapazitäten für Batteriezellen sind in Fernost angesiedelt: China, Japan und Korea. Und die USA holen auf. Die Europäer haben verstanden, dass die nahezu komplette Abhängigkeit der in der EU ansässigen Industrie von Herstellern auf anderen Kontinenten ein großer Wettbewerbsnachteil ist. EU-Vize-Präsident Maros Sefcovic will nun die EU in Sachen Batterietechnik auf Augenhöhe mit Asien bringen.

 

Dafür will er viel Steuergeld als Subventionen in die Hand nehmen und die Industrie zu einem Mega-Gemeinschaftsprojekt – einer europäischen Batteriefabrik – an einen Tisch bringen. Das Vorhaben ist so ambitioniert, dass es in Brüssel schon unter dem Stichwort „Batterie-Airbus“ firmiert. An ersten Gesprächsrunden haben auch Bosch und BASF teilgenommen. Bosch wird in Brüssel am ehesten das nötige finanzielle Stehvermögen zugetraut. BASF könnte die Chemie für die Batterien liefern. Am 22. Februar will Sefcovic in Brüssel seinen Fahrplan für die Batterie-Allianz vorstellen. Fliegt das Projekt „Batterie-Airbus“? Und: Kann es der europäischen Industrie in einem Gemeinschaftsunternehmen dann auch noch gelingen, den Platzhirschen in Fernost Konkurrenz zu machen – so wie vor Jahrzehnten Airbus dem US-Unternehmen Boeing?

Brüssel orientiert sich an der Groß-Batterie-Fabrik von Tesla-Gründer Elon Musk

Klar ist soweit: Die EU nimmt Maß an der Groß-Batterie-Fabrik, die Tesla-Gründer Elon Musk für 5 Milliarden US-Dollar (4,1Milliarden Euro) in Zusammenarbeit mit Panasonic in der Wüste von Nevada bauen lässt. In Brüssel rechnet man damit, dass das Finanzvolumen des EU-Projektes deutlich kleiner ausfallen würde. Wie man hört, wird in Brüssel über Beträge wesentlich unter 2,5 Milliarden Euro gesprochen. Die Idee ist, dass sich an dem Großprojekt möglichst viele Unternehmen beteiligen, vom Chemieunternehmen bis zu Herstellern von E-Autos.

Allerdings stößt Sefcovic dem Vernehmen nach bei den Unternehmen auf große Skepsis. Ihre Wachstumserwartungen sind überaus verhalten. Sie stellen sich die Frage: Wann ist der Bedarf an Batterien für E-Autos so hoch, dass sich das Investment für sie auszahlt? Ein Kenner der Szene sagt: „In der Automobilindustrie glauben sie selbst nicht daran, dass es bis 2025 den Bedarf an nennenswerten Stückzahlen gibt.“ Schätzungen gehen davon aus, dass im Jahr 2022 nur zwei Prozent des weltweiten Autoabsatzes auf das Segment reine E-Autos entfallen. Der einzige Markt mit hohen Stückzahlen dürfte China sein. Die chinesischen Hersteller bedienen sich aber schon jetzt aus heimischer Produktion.

Von der EU könnten Subventionen im zweistelligen Millionenbereich kommen

Hinzu kommt: Bei reinen E-Autos hat bislang noch kein europäischer Hersteller auch nur ein Modell für die Massenproduktion angekündigt. BMW verbaut im i3 Samsung-Batterien, Tesla setzt auf Panasonic. Hersteller wie Audi und Renault verfügen über jahrelange Kooperationen mit dem südkoreanischen Hersteller LG. Vor diesem Hintergrund und dem technologischen Vorsprung der Asiaten dürften europäische Autobauer nicht sofort zu einem europäischen Hersteller überlaufen. „Europäische Hersteller werden Hemmungen haben, sich komplett an einen Anbieter aus der EU zu binden“, glaubt ein Kenner der Szene. Wenn überhaupt werde zunächst zweigleisig gefahren.

Das Szenario legt nahe, dass EU-Kommissar Sefcovic im Februar nicht den Bau einer Mega-Anlage verkünden wird. Es wird spekuliert, dass zunächst eine Fabrik mit einem Investitionsvolumen im niedrigen dreistelligen Millionenbereich verkündet wird. Von der EU könnten Subventionen im zweistelligen Millionenbereich kommen, bis zu ein Drittel der Gesamtinvestitionen ist dafür im Gespräch. Sobald der Bedarf steige und höhere Stückzahlen gebraucht werden, könne die Batteriefabrik wachsen. Ein Teil der Subventionen könnte aus dem Forschungsetat Horizon 2020 kommen, der andere aus Regionalfördermitteln stammen. Um das ganz große Rad zu drehen, könnte das Projekt den IPCEI-Status bekommen, wie Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse im Brüsseler Jargon heißen. Bei IPCEI-Projekten ist es den Mitgliedstaaten erlaubt, großzügig Subventionen zu zahlen. Da werden Ausnahmen beim EU-Beihilferecht gewährt. Auch Airbus profitierte einst vom IPCEI-Status.