Elon Musk verliert seit der Twitter-Übernahme viel Ansehen. Der selbst gekrönte „Technoking“ driftet immer weiter in die Obskurität ab.

Der reichste Mann der Welt heißt nicht mehr Elon Musk. Seit er im April dieses Jahres den Kauf des Kurznachrichtendienstes Twitter angekündigt hatte, verlor das Flaggschiff seiner Unternehmungen – der Autobauer Tesla – rund die Hälfte des Marktwerts. Und mit ihm sein größter Aktionär ein Vermögen. Den Titel in den Rankings von „Bloomberg“ und „Forbes“ trägt nun der Franzose Bernard Arnault, der den Luxusmarken-Konzern LVMH anführt.

 

Der Fall des Mannes, der sich in einer Mitteilung an die Börsenaufsicht SEC offiziell nicht als „CEO“, sondern als „Technoking“ von Tesla bezeichnet, ist tief. Selbst seine Fans sind besorgt, dass er sich mit der 44-Milliarden-Dollar-Übernahme des Kurznachrichtendienstes verhoben hat. Investoren appellieren an Musk, sich endlich wieder um Tesla zu kümmern. Vielleicht auch deshalb brach er am Dienstag einen Audiochat ab, zu dem sich mehr als 300 000 Teilnehmer zugeschaltet hatten. „Ich muss zu einem Tesla-Treffen“, erklärte er das abrupte Ende. Kurz darauf versprach er den Anteilseignern, er werde „sicherstellen, dass Tesla-Aktionäre langfristig von Twitter profitieren“.

Musk heißt Trump willkommen

Gary Black gehört zu der wachsenden Gruppe einflussreicher Investoren, die daran zweifeln. Es werde Zeit, dass sich Musk wieder auf Tesla konzentriere. Wenig hilfreich seien auch seine öffentlichen Einlassungen. „Seine politischen Ansichten schaden dem Ansehen der Elektroautos“, twitterte Black. Binnen Wochen verlor Musk mehr als zwei Drittel der einst 7500 Twitter-Angestellten. Seit er Tausende Freiberufler feuerte, die illegale Tweets gelöscht hatten, hängt die Sichtung von Inhalten zunehmend von Algorithmen ab. Während Musk Sicherheitschef Joel Roth vor die Tür setzte, hieß er den wegen Hetze verbannten Donald Trump willkommen. Twitter erlaubte Rechtsextremisten, Rassisten, Verschwörungstheoretikern und Covid-Leugnern, wieder aktiv zu werden.

Mehr als ein halbes Dutzend US-Journalisten schloss er indes zuletzt aus: Offenbar, weil einige von ihnen über die Sperrung eines Nutzerkontos berichtet hatte, auf dem Flüge von Musk dokumentiert worden waren. Offiziell werden aber keine Gründe für die Sperrung genannt.

Musk rollte auch dem antisemitischen QAnon-Kult persönlich den roten Teppich aus, als er Anfang der Woche ein weißes Kaninchen mit der Aufforderung „Follow“ twitterte – ein Symbol, das QAnon selbst häufig nutzt. Gleichzeitig verunglimpfte Musk den Top-Virologen der Regierung, Anthony Fauci, und suggerierte fälschlicherweise, der gefeuerte Roth habe Sympathie für Pädophile.

Minutenlange Buh-Rufe bei Auftritt

Bei einem Auftritt in San Francisco trug Musk das minutenlange Buh-Rufe ein. Prominente wie Elton John, Jim Carrey oder Whoopi Goldberg kündigten demonstrativ ihre Twitter-Konten. Und mehr als die Hälfte der 100 wichtigsten Werbekunden stornierte ihre Buchungen. Der Ausblick für 2023 ist so düster, dass die Banken, die 13 Milliarden Dollar für die Übernahme von Twitter lockermachten, angeblich bestenfalls einen Teil des Geldes zurückerwarten.

Musk zeigt sich ungerührt. Er sei ein radikaler Anhänger der Meinungsfreiheit. Diese hört jedoch auf, wenn es um ihn selbst geht. Am Mittwoch verbannte Twitter den 20-jährigen Jack Sweeney, der die Flugbewegungen Musks in Echtzeit verfolgt. Auf eine Erklärung von Musk wartet der Student bis heute.