In Stuttgart gibt es Eltern, die ihr Kind bei 100 Kitas für einen Platz vormerken lassen. Wie das System der Kitaanmeldung verbessert werden kann, darüber haben Eltern und Erzieherinnen mit Trägern und Stadträten diskutiert.

Stuttgart - Ich gehöre zu den Eltern ohne Kitaplatz“, berichtet ein Vater beim Diskussionsabend am Montag im Hospitalhof. „Wir haben im städtischen Online-System kits drei Kitas ausgesucht, aber keine Antwort erhalten“, ergänzt er.

 

Doch das ist noch gar nichts. „Einige Kinder sind in mehr als 100 Kitas vorgemerkt“, berichtet die neue Jugendamtsleiterin Susanne Heynen. Und sie findet selbst: „Das ist nicht mehr handelbar – drei Vormerkungen müssen reichen.“ Doch wie kann das unzureichende System so verbessert werden, dass es für Eltern transparent und leicht bedienbar, für die Verwaltung zentral steuerbar und für die Kitas übersichtlich und entlastend ist? Darum ging es bei der Veranstaltung , zu der der Gesamtelternbeirat (GEB) der evangelischen Kitas eingeladen hatte.

Das es so, wie es jetzt ist, nicht weitergehen kann, darüber sind sich fast alle einig. „Wir haben keine klaren Vorstellungen, wie hoch der Bedarf an Kitaplätzen in Stuttgart wirklich ist – deshalb wäre ein Vormerksystem wichtig“, sagt Jörg Schulze-Gronemeyer vom evangelischen Träger – dort habe jede der 120 Kitas eine eigene Vormerkliste. Auch der katholische Träger sei offen für Lösungen mit neuer Technik, ergänzt Georg Kolb: „Aber wir brauchen auch Mitarbeiter, die diese bedienen können.“

Freie Träger wollen keine zentrale Platzvergabe

Dass ein solches System – zumindest im kleinen Stil – funktionieren kann, berichtet eine Vertreterin der Rominger Stiftung: „Wir haben die schriftlichen Wartelisten im Sommer 2013 eingestampft.“ Seit drei Jahren würden alle Rominger-Plätze ausschließlich elektronisch vergeben. Dort gebe es auch eine Funktion „Kind aufgenommen“, dann wüssten die anderen Einrichtungen Bescheid. Allerdings räumt die Vertreterin ein: „Reine Krippen haben keine Leitungsfreistellung – also keine organisierte Bürozeit.“ Zudem müsse man auch eine Beratungszeit für Familien einkalkulieren, die mit dem elektronischen System nicht zurecht kämen. Die Rominger-Frau stellt aber auch klar: „Wir als freie Träger sind gegen eine zentrale Platzvergabe.“

Mit dieser Position ist sie nicht allein. Sebastian Wiese, der für 50 Eltern-Kind-Gruppen spricht, die alle ehrenamtlich betrieben werden, erklärt: „Für uns wär das ein Drama, wenn die Plätze zentral vergeben würden. Wenn uns jemand zugelost würde, der gar nicht mitkochen will, dann können wir’s vergessen.“

Doch Moritz Scheibe, der evangelische GEB-Vorsitzende, hatte gleich zu Beginn klargestellt, die Eltern forderten keineswegs eine zentrale Vergabe. „Aber wir wollen, dass die Vormerkungen zentral koordiniert werden.“ Mannheim mache das. Mit Transparenz über den Status des Verfahrens. In Stuttgart erfolgt dies nur auf Nachfrage. „Weshalb reicht es nicht, eine Wohn- und eine Arbeitsadresse anzugeben“, fragt der platzlose Vater. Er vermutet: „Je mehr man nervt, desto höher die Chance auf einen Platz.“ Eine andere Diskutantin bittet, auch Flüchtlingskinder im System zu berücksichtigen.

Kitas wünschen sich mehr Planungssicherheit – und mehr Zeit für Praktikanten

Eine Einrichtungsleiterin eines Halbtags-Kindergartens wünscht sich mehr Planungssicherheit. Sie berichtet, oft sprängen Eltern von zugesagten Plätzen ab, „weil sie doch noch einen Ganztagsplatz gekriegt haben“. Und sie schneidet noch einen anderen Punkt an: „Ich bilde auch aus, aber das mach ich in meiner Freizeit.“ Viele Kollegen nähmen keine Praktikanten mehr, aus Zeitmangel.

Die Stadträte räumen ein, die zentrale Platzvergabe müsse man verbessern. Vittorio Lazaridis (Grüne) verlangt: „Die Verwaltung muss Transparenz schaffen.“ Rose von Stein (Freie Wähler) schlägt eine Checkkarte für jedes Kind vor. Judith Vowinkel gibt zu überlegen, „ob man Kita-Einzugsbereiche definiert“. Für die Stadträte hat aber die Behebung des Fachkräftemangels Priorität. Christian Walter (SÖS/Linke-plus) votiert für eine Fortsetzung des Tarif plus für Erzieherinnen – „da müsste sich die Stadt nicht verschulden“. Klaus Nopper (CDU) verspricht: „Die Themen Leitungsfreistellung und Zulagen werden wieder auf die Tagesordnung kommen.“ Für Lazaridis liegt der Schlüssel in der praxisorientierten Ausbildung (Pia): „Wir müssen mehr Plätze anbieten.“

Für den städtischen Träger, so Heynen, wolle man ein zentrales Vergabesystem entwickeln. „Das System wird aber nur funktionieren, wenn man die Verbindlichkeit erhöht: bei Kitaleitungen und Eltern.“