„That’s Alright Mama“, „Hound Dog“, „Jailhouse Rock“ – das sind nicht bloß ein paar der größten Nummern von Elvis Presley. Es sind auch Wegmarken der Rockgitarrengeschichte. Scotty Moore, der Mann, der Elvis den Gitarrensound lieferte, ist im Alter von 84 Jahren gestorben.

Stuttgart - Elvis schwang frech die Hüften, Elvis ließ den Rhythmus des Rock’n’Roll sinnlich durch seinen Hals, seine Schultern, seine Beine wandern und ließ in den Fans den Wunsch aufkochen, ihn anfassen und diese Körperelektrik spüren zu dürfen, Elvis gurrte, juchzte, schluchzte. Elvis Presley war wirklich eine Nummer. Aber auch wenn er die Gitarre vor dem Bauch hängen hatte, die vielen klassischen Licks seiner Hits, die stilbildenden Läufe spielte Elvis weder live noch im Studio. Die liefen aus den Fingern seines unter Musikern längst legendären Gitarristen Scotty Moore, der am Dienstag im Alter von 84 Jahren in Nashville gestorben ist. Und was Elvis vorne am Mikrofon an Rhythmusgitarre lieferte, hatte Moore ihm vorher beigebracht.

 

Aufgewachsen war der weiße Farmersohn mit Countrymusik, und von deren großen Fingerpickern wie Chet Atkins und Merle Travis hatte er sich viel abgeschaut. Seine klaren Linien, seine Wechsel zwischen Daumenpicks im Bass und knackigen Läufen, seine aufs Hochprozentige reduzierten Figuren brachten die Country - und die Bluestraditionen zusammen, die ja auch vor Moores großen Aufnahmen viel mehr Berührung miteinander gehabt hatten, als sich das Rassisten und Scheuklappenträger vorstellen mochten.

Keineswegs alles nur geklaut

Das ist doch alles nur von schwarzen Musikern geklaut, dieser grundsätzliche Vorwurf gegenüber dem jungen Rock’n’Roll und auch dem späteren Rock entlarvt sich beim Nachhören von Moores Arbeit für Elvis Presley in seiner ganzen ungerechten Grobheit. Moore war kein Plagiator von schwarzen Gitarristen wie Chuck Berry oder Ike Turner, er war jemand, der auch mit Hilfe der Ideen anderer an seinem eigenen Stil arbeitete und selbst wieder viele andere beeinflusste.

Keith Richards, der nicht völlig unbekannte Gitarrist der Rolling Stones, hat Moore seinem Vorbild immer wieder gehuldigt. „Als ich „Heartbreak Hotel“ hörte, wurde mir klar, was ich aus meinem Leben machen wollte. Das war so eindeutig wie noch was. Mein einziges Ziel im Leben war jetzt, so spielen zu können und so einen Ton hin zu bekommen. Alle anderen wollten wie Elvis sein, aber ich wollte wie Scotty sein“, hat er etwa gegenüber dem Biografen James L. Dickerson bekannt, der für Moore 1997 dessen Memoiren „That’s Alright, Elvis“ ausgearbeitet hat.

Ein plötzlicher Rausschmiss

1964 lernte Moore, wie wenig das Musikgeschäft selbst die Trennlinie zwischen Stars und den Leuten im Hintergrund verwischt sehen wollte. Weil er für das Label Epic die LP „The Guitar that changed the World“ eingespielt hatte, schmiss ihn Sam Phillips, der Entdecker von Elvis und Inhaber des Sun-Labels in Memphis, hochkant hinaus. Auch später aber stand Moore immer mal wieder mit Elvis auf der Bühne und im Studio, arbeitete mit vielen anderen Größen wie Ringo Starr, Ron Wood und Dolly Parton spielte.

Ein Publikumsstar wurde er zwar nie, aber er war auch sehr viel mehr am Gitarrespielen als am Rummel interessiert. Seines Beitrags zur Musikgeschichte konnte sich Scotty Moore sowieso viel sicherer sein als viele andere. Der große Musikjournalist Peter Guralnick schrieb in seiner Elvis-Biografie „Last Train to Memphis“ über die Session bei Sun, bei der Elvis mit Moore „That’s Alright Mama“ einspielte, in jener Nacht sei „nichts Großes gesagt, nichts in Worte gebracht worden, aber alles war anders geworden.“