Fast-Food-Läden und triste Fassaden: die Plaza de los Cubos in Madrid ist kein schöner Platz – und dennoch eine der liebsten Ecken unseres Korrespondenten Martin Dahms.

Korrespondenten: Martin Dahms (mda)

Madrid - „Fotografier das doch nicht! Was sollen denn die Deutschen von Spanien denken?“ Meine Freundin ist Spanierin, und sie hätte gern, dass ich ihr Heimatland gut aussehen lasse. Das geht aber nicht immer. Ich mache etwa 50 Fotos von der Plaza de los Cubos. Tut mir leid, Rosa!

 

Die Plaza de los Cubos liegt in Madrid, ist aber urbanistisches Irgendwo. Rund um den rechteckigen Platz erheben sich rechteckige Häuser, Baujahr 1973, bis zu 17 Stockwerke hoch, in denen Menschen wohnen, die keinen Wert auf Balkone oder Gesims legen. McDonald’s, Burger King und Starbucks servieren in den Lokalen im Erdgeschoss internationale Fast-Food-Küche. In einer Ecke stehen Palmen in Kübeln aus Beton. Es gibt keinen Boden, in den sie ihre Wurzeln schlagen dürfen, stattdessen eine Tiefgarage, zu der eine Rampe führt.

Das Geheimnis dieses Platzes

Wir haben noch Hochsommer, deswegen ist gerade wenig los. Die Madrider liegen lieber am Strand. Wenn sie nicht am Strand liegen, sondern zur Arbeit gehen (falls sie noch eine haben), fallen sie abends auf der Plaza de los Cubos ein. Sie verschließen die Augen vor den Hochhausfassaden und Hackfleischbratereien und schauen sich das Kinoprogramm an. Das ist das Geheimnis dieses Platzes: Es gibt auf der ganzen Welt wahrscheinlich keinen zweiten Ort, an dem man so viele Filme in Originalversion sehen kann wie hier.

Die Plaza de los Cubos ist mein Paradies. Ich gehe gerne ins Kino, und ich sehe mir die Filme gerne in Originalversion mit Untertiteln an. Hier kann ich jeden Abend in drei Kinos zwischen 21 verschiedenen Filmen aussuchen. Ich muss mir vorher nicht erst das Programm anschauen. Ich verabrede mich um 20 Uhr mit Freunden vor dem Kino Princesa – und dann mal sehen, was uns gefällt. Irgendein Film ist immer dabei, ein russischer, ein frankokanadischer. . . Die Kinos selbst sind keine Freude: kleine Säle, kleine Leinwände, mäßig bequeme Sitze. Eben für Liebhaber.

Offiziell existiert die Plaza de los Cubos nicht. Sie taucht auf keinem behördlichen Stadtplan auf. Sie ist nur so etwas wie eine zufällige Ausbuchtung der daran vorbeiführenden Calle Princesa. Ihren Namen – „Platz der Würfel“ – erhielt sie vom Volksmund wegen eines Denkmals aus Edelstahlwürfeln, von dem niemand weiß, an was es gemahnen soll. Irgendwann hat auch die Stadtverwaltung den nichtexistenten Platz entdeckt und versucht, touristisch Kapital aus ihm zu schlagen. Sie hat Sterne aus Glühbirnen aufgehängt, die alle Welt für vergessene Weihnachtsbeleuchtung hält. Und ins Pflaster hat sie 25 Marmorplatten mit den Namen 25 spanischer Filmstars, von Pedro Almodóvar bis Fernando Rey, eingelassen. Das ist nun Madrids bescheidene Variante des Hollywood Walk of Fame. Rosa stellt sich neben den etwas mitgenommenen Stern von Penélope Cruz. Ich mache ein Foto von Penélopes Stern und Rosas Fuß. Gefällt mir.