Die Unternehmen fordern lange Übergangsfristen für den Ersatz von Baumaschinen und Fahrzeugen – Die Gewerkschaft verlangt den Einbau von Rußfiltern in neue Maschinen – Der Boom in der Branche führt zu Wartezeiten und höheren Preisen. Sorgenmacht der zunehmende Mangel an Fachkräften.

Wirtschaft: Ulrich Schreyer (ey)

Stuttgart - Die Diskussion um den Einsatz von Dieselmotoren hat auch die Bauwirtschaft erreicht. Diese brauche allerdings für die Umrüstung oder den Ersatz von Fahrzeugen lange Übergangsfristen von zehn bis 15 Jahren , erklärte der Vizepräsident der Bauwirtschaft Baden-Württemberg, Mathias Waggershauser. Die Baufahrzeuge legten viel weniger Kilometer zurück als etwa die Lastwagen von Speditionen. Deshalb seien sie auch viel länger im Einsatz und würden nicht wie die Fahrzeuge von Speditionen schon nach wenigen Jahren durch neue ersetzt, sagte Waggershauser.

 

Auch die Busse, die lediglich Mitarbeiter auf die Baustellen brächten, würden weniger weit fahren als etwa Reisebusse. Auch bei Baumaschinen wie etwa Baggern oder Kränen, die ebenfalls mit Diesel betrieben werden, seien lange Übergangsfristen nötig, so der Vizepräsident weiter. Diese seien ebenfalls oft 15 bis 20 Jahre im Einsatz und erst nach dieser Zeit abgeschrieben.

Die Gewerkschaft IG Bauen-Agrar-Umwelt verlangt derweil eine bundesweite Partikelfilterpflicht für Baumaschinen. Diese belasteten die Umwelt und könnten durch ihre Emissionen auch zu Gesundheitsproblemen bei den Mitarbeitern am Bau führen. „Vom Bagger über den Radlader bis hin zur Walze“ sollten für neue Baumaschinen Rußpartikelfilter eingeführt werden, forderte der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft, Dietmar Schäfer. Vorhandene Baumaschinen müssten in einer „angemessenen“ Übergangsfrist nach gerüstet werden.

Der massive Ausstoß von Rußpartikeln auf den Baustellen sei „ein enormes Defizit“ beim Arbeitsschutz. Notwendig sei eine gesetzliche Filterpflicht verbunden mit einer vom Staat finanzierten Prämie bei Nachrüstungen. Der Hauptgeschäftsführer der Bauwirtschaft Baden-Württemberg, Dieter Diener, sagte Rußfilter in neuen Baumaschinen seien für die Unternehmen im Südwesten selbstverständlich.

Der Umsatz steigt weiter

Der Boom am Bau geht nach den Angaben des Verbandes ungebrochen weiter. So hat der Umsatz im Bauhauptgewerbe – also beispielsweise ohne Innenausbau bei Wohnungen – in den Betrieben mit mehr als 20 Beschäftigten von Januar bis Juni um mehr als 13 Prozent auf 4,7 Milliarden Euro zugenommen. Nach den Angaben von Bernhard Sänger, dem Präsidenten der Bauwirtschaft Baden-Württemberg war dies der höchste Halbjahreswert seit 20 Jahren. Die Auftragseingänge seien um etwas mehr als fünf Prozent auf 4,9 Milliarden Euro gestiegen. Bis zum Jahresende rechnet der Verband mit einem Umsatzanstieg um bis zu sieben Prozent auf dann etwa 15,6 Milliarden Euro. Tatsächlich dürfte der Umsatz Ende 2017 aber noch höher liegen, da viele Baufirmen weniger als 20 Mitarbeiter beschäftigen und in der Hochrechnung nicht berücksichtigt werden.

Gerade der Wohnungsbau aber ist immer noch ein Treiber bei der Baukonjunktur. In der ersten Jahreshälfte verzeichnete der Wohnungsbau ein Umsatzplus von mehr als 16 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro, der Wirtschaftsbau nahm um 13 Prozent auf zwei Milliarden Euro zu, der öffentliche Bau um zwölf Prozent auf 1,5 Milliarden Euro. Die gute Konjunktur führt inzwischen auch zu längeren Wartezeiten bei Bauwilligen. Die durchschnittliche Reichweite der Aufträge liege bei 2,3 Monate, sagte Diener. Bei größern Projekten könne es auch zu mehr als einem Jahr kommen. Waggershauser sieht dies aber noch nicht als besonders dramatisch an, da Bauprojekte ohnehin länger geplant würden. Die Preise stiegen nur moderat. Zwischen Mai 2016 und Mai 2017 erhöhten sie sich dem Verband zufolge um drei Prozent.

Problem der fehlenden Mitarbeiter verschärft sich

Die gute Konjunktur verschärft das Problem der fehlenden Mitarbeiter deutlich. Zwar stieg die Zahl der Beschäftigten in den Betrieben mit mehr als 20 Mitarbeitern im ersten Halbjahr um 7,5 Prozent auf knapp 60 000Beschäftigte. Neun von zehn Unternehmen sehen aber nach der jüngsten Umfrage den Bedarf an Fachkräften als ihr größtes Problem an. „Problemetisch ist auch der eklatante Mangel an Bauingenieuren“, sagte Sänger. Um diese lieferten sich Unternehmen, private Planungsbüros und staatliche Stellen einen heftigen Wettbewerb. Diesem Mangel dürfte so schnell nicht abzuhelfen sein. Nach den Angaben des Verbandes liegt der jährliche Bedarf an Bauingenieuren im Südwesten bei 2600. An den Universitäten und Hochschulen gebe es aber nur 1200 Studienplätze. Zudem würden fast 50 Prozent ihr Studium abbrechen.