Der EnBW-Deal droht zusehends am Ruf der renommierten Großkanzlei Gleiss Lutz zu kratzen. Sie hatte Ministerpräsident Mappus beraten.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)
Stuttgart - Gleiss Lutz war offenbar mächtig stolz auf das Großmandat. Am gleichen Tag, da Ministerpräsident Stefan Mappus den Wiedereinstieg des Landes bei der EnBW bekanntgab, veröffentlichte die Anwaltskanzlei eine Pressemitteilung. Man berate das Land "umfassend" bei der milliardenschweren Transaktion, hieß es darin. Dann folgten die Namen aller zehn Anwälte aus dem dafür zusammengestellten Team, jeweils mit Angabe des von ihnen betreuten Fachgebiets.

Inzwischen dürfte die Freude etwas getrübt sein. Der EnBW-Deal droht zusehends am Ruf der renommierten Großkanzlei zu kratzen. Das begann schon mit der Klage von Koalitionsabgeordneten, einer der offenbar federführenden Anwälte - Martin Schockenhoff - habe sie falsch informiert. Gefragt, ob der Landtag für das Geschäft eine Bürgschaft gewähren müsse, habe er dies ausdrücklich verneint. Erst später wurde klar, dass sehr wohl eine Garantie in Milliardenhöhe notwendig ist.

Hat Mappus "bewusst gelogen"?


Nun spielt Gleiss Lutz auch noch die Schlüsselrolle bei einer politisch höchst brisanten Frage: Hat Mappus den Landtag falsch über die rechtliche Vorbereitung seines Überraschungscoups informiert? Oder gar "bewusst angelogen", wie ihm der SPD-Spitzenkandidat Nils Schmid vorwirft? Hintergrund ist das eigentlich für Naturkatastrophen oder Seuchen vorgesehene Notbewilligungsrecht in der Landesverfassung, mit dessen Hilfe der Regierungschef das Milliardengeschäft am Parlament vorbei besiegelte. "Zu dieser Frage wurde vorab ein verfassungsrechtliches Gutachten der beratenden Anwaltskanzlei eingeholt, welches das Vorgehen des Finanzministers bestätigt", sagte er am 15. Dezember im Plenum - neun Tage nach dem Vertragsschluss am 6. Dezember. Tags zuvor sprach er vor der Landespresse von einer "Expertise von Lutz Gleiss" zu Artikel 81, die man auf Wunsch gerne der Stuttgarter Zeitung zur Verfügung stelle.

Alle Anfragen der StZ, das Versprechen doch bitte einzulösen, blieben seither unbeantwortet. Kurz vor Weihnachten forderte die Landtags-SPD, das erwähnte Gutachten den Fraktionen "unverzüglich zur Verfügung zu stellen". Eine Antwort bekamen die Abgeordneten Schmid und Claus Schmiedel drei Wochen später. Sie bestand aus einer fünfseitigen Stellungnahme von Gleiss Lutz mit Datum vom 15. Dezember - dem Tage von Mappus' Regierungserklärung - und einem erläuternden Anschreiben von Staatsminister Helmut Friedrich Rau (CDU). Das Papier sei zwar erst nach Vertragsschluss verfasst, "basiert jedoch auf internen Memos der Anwaltskanzlei aus der Zeit vor dem 6. Dezember 2010." Auf der Grundlage dieser Notizen, behauptete Rau, sei die Regierung beraten worden. Allerdings habe Gleiss Lutz sie "nicht zur Weitergabe freigegeben".