Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes sind im ersten Halbjahr die Strom- und Gaspreise gegenüber dem zweiten Halbjahr 2020 um nahezu fünf Prozent gestiegen. Dieser Negativtrend hat eine Reihe von Gründen.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Wiesbaden/Stuttgart - Die privaten Haushalte in Deutschland haben im ersten Halbjahr 2021 im Durchschnitt 32,62 Cent je Kilowattstunde Strom gezahlt – Erdgas kostete die Verbraucher durchschnittlich 6,41 Cent je Kilowattstunde. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) stiegen sowohl die Strompreise als auch die Gaspreise gegenüber dem zweiten Halbjahr 2020 damit um 4,7 Prozent.

 

Höherer Mehrwertsteuersatz wirkt sich aus

Die Privathaushalte mussten von Januar bis Juni vor allem mehr für Strom und Gas bezahlen, weil der Mehrwertsteuersatz von ermäßigten 16 Prozent wieder auf den ursprünglichen Satz von 19 Prozent erhöht worden war. Bei einem Jahresverbrauch an Strom von beispielsweise weniger als 1000 Kilowattstunden sind etwa 67 Prozent des Preisanstieges auf die Umsatzsteuer zurückzuführen. Ohne diesen Effekt hätten private Haushalte zum Beispiel bei einem Jahresverbrauch von mehr als 15 000 Kilowattstunden sogar 0,27 Cent weniger zahlen müssen als noch im zweiten Halbjahr 2020, so das Statistische Bundesamt.

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Der CO2-Zertifikatehandel belastet

Zusätzlich wurden die Erdgaspreise von dem mit dem Brennstoffemissionshandelsgesetz eingeführten nationalen CO2-Zertifikatehandel belastet. Allerdings zahlten die Privathaushalte unterschiedlich viel für das Gas, abhängig von ihrem Jahresverbrauch. Bei mehr als 200 Gigajoule stiegen die Preise um 9,8 Prozent. Bei einem Jahresverbrauch von weniger als 20 Gigajoule hingegen sanken die Preise trotz gestiegenen Umsatzsteuersatzes und CO2-Bepreisung um 0,5 Prozent.

Besteuerung treibt den Preis hoch

Ebenso wie die über Monate tiefen Temperaturen hatte somit die sogenannte CO2-Steuer einen Einfluss – sie wurde als Teil des Klimapakets eingeführt, um die Kosten der Klimaschäden im Gaspreis zu berücksichtigen. Die Abgabe ist von den CO2-Emissionen abhängig und beträgt in diesem Jahr 25 Euro pro Tonne CO2. Bis 2025 steigt sie auf 55 Euro an, bevor die Bundesregierung für 2026 einen Preiskorridor von 55 bis 65 Euro vorgibt. Der Gaspreis steigt allein dadurch um 0,45 bis 1,2 Cent pro Kilowattstunde im Jahr 2026.

Höhere Entgelte der Gasnetzbetreiber

Einen preistreibenden Einfluss haben auch die Netzentgelte. Denn die Gebühren, die Gasnetzbetreiber für Wartungs- und Ausbauarbeiten am Gasnetz erheben, stiegen im Jahresvergleich im Durchschnitt um zwei Prozent an – in Baden-Württemberg sogar um vier Prozent.

Großhandelspreise klettern wieder kräftig

Die reinen Energiepreise entwickelten sich nach Angaben des Angaben des Statistischen Bundesamtes für Strom und Erdgas unterschiedlich. Während der Energiepreisbestandteil für Strom erheblich stieg, profitierten die privaten Haushalte bei Erdgas von den bis Mitte 2020 gesunkenen Großhandelspreisen. Hier sank der Energiepreisbestandteil über alle Verbrauchsgruppen hinweg um 8,2 Prozent.

Allerdings sind die Großhandelspreise beim Gas wieder kräftig geklettert – sie pendelten sich im Sommer 2021 auf hohem Niveau ein. Nach Angaben des Vergleichsportals Check24 liegt der Börsenpreis auf einem Allzeithoch. Für September sei bisher ein Preis von etwa 44 Euro pro Megawattstunde ermittelt worden.

Gründe dafür sind unter anderem hohe Temperaturen, bei denen auf dem Wasserweg weniger Kohle unterwegs ist. Zudem führten ein Brand in Russland sowie Ausfälle in norwegischen Gasfeldern zu einer Verknappung des Angebots.

Fazit der Experten: der Trend dürfte sich in naher Zukunft nicht umkehren. Die Gaspreise steigen also wahrscheinlich weiter an – was zeitversetzt auch die Kunden zu spüren bekommen.

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