Mieter bleiben bei Solarstrom vom eigenen Dach meist noch außen vor. Das Start-up Pionierkraft will das ändern. In Stuttgart geht bald eine innovative Anlage auf einem Vierfamilienhaus ans Netz.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Benjamin Bruch wartet auf den Januar. Dann soll endlich die Solaranlage auf seinem Vierfamilienhaus in Stuttgart-Frauenkopf ans Netz gehen. Die Paneele sind bereits auf dem Dach, aber die Technik zickt noch. Nicht nur er muss sich gedulden, „die Mieter warten auch drauf“, sagt er. Sie seien sehr auf einen nachhaltigen Lebensstil bedacht, und deshalb dürfte die neue Anlage so etwas wie ein Hauptgewinn für sie sein. Denn noch ist es eher die Ausnahme, dass Mieter Strom, der direkt vor Ort produziert wird, nutzen können.

 

Das Münchner Start-up Pionierkraft, das es seit 2017 gibt, will das ändern. Es hat ein Geschäftsmodell entwickelt, das in eine Lücke springen soll: kleinere Mehrfamilienhäuser, deren Wohnungen vermietet sind, mit Solarstrom versorgen. Da alles noch Neuland ist, ist es Pionierkraft für den Anfang am liebsten, mit Einzelvermietern ins Geschäft zu kommen, das sei weniger komplex, erklärt Adna Grozdanic. „Die Nachfrage jedenfalls ist enorm.“ Das Unternehmen liefert die PV-Anlage, die Hard- und Software und den Service. Service meint, dass Splittung, Abrechnung und Administration erledigt werden. Der Preis für das Gesamtpaket liegt laut Pionierkraft bei etwa 40 000 Euro für ein Dreiparteienhaus, für den Service fallen 50 Euro im Jahr als Pauschale an.

Die Anlage auf dem Haus von Benjamin Bruch in Stuttgart-Frauenkopf bringt, sobald sie Sonnenstrom ernten kann, 14,4 Kilowatt in der Spitze, es gibt einen Speicher mit einem Volumen von elf Kilowattstunden. Man gehe davon aus, dass die Mieter damit 80 Prozent ihres Bedarf decken werden, sagt Benjamin Bruch. Er bekommt je Kilowattstunde 35 bis 40 Cent, das ist auch für die Mieter günstiger. Wird der produzierte Sonnenstrom mal nicht ausgenutzt, gibt es für jede eingespeiste Kilowattstunde acht Cent.

Benjamin Bruch war bei einer Internetrecherche auf das Konzept von Pionierkraft gestoßen. Herkömmliche Mieterstrom-Modelle seien bei einem kleinen Mehrfamilienhaus wenig attraktiv. Es stecke ein zu großer bürokratischer Aufwand dahinter, die Rahmenbedingungen seien strikt, und man müsse die Mieter voll versorgen, ihnen also eine Alternative bieten, wenn die Sonne nicht scheint. Das ist beim Pionierkraft-Modell anders: In sonnenarmen Stunden beziehen die Mieter weiterhin über einen Versorger Energie aus dem allgemeinen Netz.