Die Stadt weist den Vorwurf aus einer Masterarbeit zurück. Doch die Energieagentur des Landes sieht Nachholbedarf.

Stuttgart - Die durch den Verein Stuttgart Solar ans Licht gebrachte Masterarbeit von Thomas Uhland sorgt in der Stadtverwaltung für Betriebsamkeit. Der junge Ingenieur wirft der Stadt vor, die Energiewende zu vertändeln. Beim gegenwärtigen Tempo würden noch rund 400 Jahre gebraucht, um die dafür geeigneten Dächer in der Landeshauptstadt mit Solaranlagen zur Stromerzeugung zu bestücken. Das sei dringend notwendig, auf das Umland allein dürfe sich die Kommune bei der Energiewende nicht verlassen.

 

Uhland hat seine Thesen in dieser Woche bei einer Veranstaltung von Stuttgart Solar in der Kirche St. Maria vorgestellt. Solaranlagen seien wirtschaftlich, reduzierten die Abhängigkeit von anderen Energieträgern wie Kohle und Öl und senkten die Kosten für teure Übertragungsnetze, mit denen große Strommengen über weite Wege transportiert werden müssen. Städte verfügten über ein „unterschätztes Potenzial“. Um das für 2050 gesteckte Ziel zu erreichen, müsse der Ausbau von Fotovoltaik drastisch beschleunigt werden. Bis 2050 will Stuttgart klimaneutral werden, also komplett auf fossile Energieträger verzichten.

Umweltbürgermeister: Erreichen Ziele

Stuttgarts Umweltbürgermeister Peter Pätzold (Grüne) hatte in einer Pressemitteilung vor der Veranstaltung erklärt, die Stadt sei „auf gutem Wege, unser hochgestecktes Ziel zu erreichen“. Beim Thema Klimaneutralität gehe es um „weit mehr als Fotovoltaik“. Aber auch in diesem Bereich werde man die Anstrengungen weiter verstärken. am Rande der Veranstaltung hieß es, dass dazu allerdings mehr Personal nötig sein würde.

Die Stadt hat bei der Veranstaltung eine Liste aller bisher auf städtischen Schulen und Sporthallen selbst oder durch private Investoren installierten Anlagen vorgelegt. In der Summe sind es 12 367 Quadratmeter, 2017 kamen zwei, in diesem Jahr bisher auch zwei Anlagen hinzu. Bis zu 16 sollen es werden. Eine solche Übersicht habe man vor Jahren gefordert, weil der Verein privates Engagement vermitteln wolle, kommentierte dessen früherer Vorsitzender Frank Schweizer.

Von den 1300 Dächern auf städtischen Häusern eigneten sich nur rund 380 für solche Anlagen, 290 könnten noch belegt werden, sagte Martin Steurer, der im Amt für Umweltschutz die Abteilung Energiewirtschaft leitet. Dieses Potenzial wolle man in den nächsten 15 Jahren erschließen. Statik und Wirtschaftlichkeit müssten beachtet werden, die Prüfungen dafür kosteten Zeit. Da es nun Fördergeld des Landes gebe, prüfe man künftig auch den Einsatz von Stromspeichern.

Gemeinderat definiert Ziel

Die Stadt dürfe nicht „Business as usual“ vorleben, also wie üblich handeln, sagte Uhland. Man stehe vor einem riesigen Transformationsprozess, müsse von elf Tonnen Treibhausgasen pro Einwohner im Jahr 2016 auf eine Tonne im Jahr 2050 kommen. Uhland: „Fotovoltaik deckt 0,7 Prozent des Jahresstromverbrauchs, es könnten 21 Prozent sein.“ Der „zögerliche Ausbau“ sie „uns nicht neu“, sagt Volker Kienzlen, Geschäftsführer der Klimaschutz- und Energieagentur des Landes. Es gebe „viel zu tun“.

Steurer sagte, die Klimaschutzziele setze der Gemeinderat, sie seien ambitioniert. „Es gibt kein Muss für den Fotovoltaik-Ausbau durch den Rat“, so Steuer, man beschäftigte sich nicht mit Uhlands Strategie. Die Zusammenarbeit mit den Stadtwerken entwickle sich gut, man baue „was wir können“.