Für Urlauber läuft es oft nicht wie erhofft. Die Beschwerden bei der Schlichtungsstelle SÖP nehmen weiter stark zu. Oft lohnt sich für Kunden die Mühe. Die Bearbeitung der Beschwerden ist kostenlos, die Erfolgsquote hoch.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Ein paar Klicks – und schon ist der nächste Urlaub gesichert! Das Internet und Online-Angebote machen Reisebuchungen so einfach wie nie zuvor. Doch oft läuft später nicht alles wie erhofft und versprochen. Der Flug wird verschoben, die Bahn hat große Verspätung, der Fernbus steckt stundenlang im Stau, bei der Kreuzfahrt geht der Koffer verloren – das kann jede Menge Ärger bereiten. Besonders, wenn sich die Verkehrsunternehmen stur stellen und Entschädigungen verweigern.

 

Solche Streitfälle landen jeden Tag zuhauf in der Fasanenstraße 81 in Berlin. Dort sitzt die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP), die kostenlos, unabhängig und neutral versucht, Konflikte ohne teure und zeitraubende Gerichtsverfahren beizulegen. Geschäftsführer Heinz Klewe und seine Volljuristen haben sehr viel zu tun: Auch im ersten Halbjahr stieg die Zahl der Anträge weiter stark um 27 Prozent auf knapp 6900.

In der Reisebranche geht es turbulent zu

Das ist kein Wunder, denn in der Reisebranche geht es ziemlich turbulent zu. Krisenländer wie die Türkei und Ägypten haben die Gunst vieler Urlauber verloren, einige Airlines wie Air Berlin stecken tief in Problemen. Die Folge: Flüge fallen aus, werden verschoben oder zusammengelegt. Zum Ärger der Kunden, die sich das aber immer nicht mehr einfach gefallen lassen und auf Ausgleich bestehen.

Bis Ende Juni registrierte die SÖP allein 5300 neue Schlichtungsanträge von Flugreisenden, fast ein Drittel mehr als im Vorjahreszeitraum. Damit zeichnet sich auch für 2017 ein weiterer Rekord bei diesen Streitfällen ab. Voriges Jahr wuchs die Zahl der Beschwerden von 8700 auf fast 10 700, seit 2009 hat sich die Zahl der Anträge damit versiebenfacht.

Viele Airlines verweigerten lange Zeit die Teilnahme bei der Schlichtungsstelle. Mit dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) wurde die Möglichkeit zu einer außergerichtlichen Schlichtung in vielen Branchen aber zur Pflicht. Die SÖP ist als Schlichtungsstelle von der Bundesregierung anerkannt. Mittlerweile beteiligen sich 46 Airlines, darunter alle deutschen Unternehmen und Billigflieger wie Ryanair, Easyjet und Wizz Air.

Weder Bearbeitungsgebühren noch Erfolgshonorare

Insgesamt schlichten die Berliner bereits für 360 Verkehrsunternehmen. Ende 2016 waren es noch 260 und beim Start 2009 erst neun. Die SÖP verlangt weder Bearbeitungsgebühren noch Erfolgshonorare. Die Arbeit der Schlichtungsstelle wird über Mitgliedsbeiträge von diesen 360 Verkehrsunternehmen finanziert, die mitmachen. Die Unternehmen akzeptieren damit, dass viele Streitfälle durch die unabhängigen Schlichter entschieden werden.

Auch private Unternehmen wie EU-Claim, Fairplane oder Flightright bieten verärgerten Reisenden an, erfolgversprechende Fälle durchfechten. Dafür werden dann aber bis zu 30 Prozent Erfolgshonorar fällig, teils noch mehr. Falls es kein Geld gibt, muss der Kunde, anders als beim Anwalt, aber auch nichts zahlen.

13 626 Schlichtungsanträge

Voriges Jahr gingen insgesamt 13 626 Schlichtungsanträge bei der SÖP ein, fast 2000 mehr als im Jahr zuvor. 2010 waren es erst 3565, damals war die Beschwerdestelle aber noch kaum bekannt. Der Erfolg des Verfahrens hat sich inzwischen herum gesprochen. Nach Angaben von SÖP-Chef Klewe nehmen in rund 80 Prozent der Fälle die Unternehmen und ihre Kunden die Schlichtungsempfehlung der Juristen an.

Das treffe auch auf die aktuellen Streitfälle bei Tuifly zu, wo sich viele Crews vorigen Herbst krank gemeldet hatten und zahlreiche Flüge ausfielen, nachdem Umstrukturierungspläne bekannt geworden waren. Vieler der verärgerten Kunden sind inzwischen vor Gericht gezogen, weil die Airline Entschädigungen verweigerte und behauptet, in einem solchen Fall nicht haften zu müssen. Die SÖP habe für Kunden von Tuifly „interessengerechte Schlichtungsempfehlungen“ in jedem Einzelfall erarbeitet, die zu 81 Prozent angenommen worden seien, so Klewe. Damit werde allen Beteiligten „Geld, Zeit und sehr viel Ärger erspart“.