Der Antriebsstrang für kommende Elektro-Auto-Generationen kommt von 2024 an nicht mehr vom Zulieferer. Der Daimler-Betriebsrat hatte seit Oktober darum gekämpft, das Bauteil an den Neckar zu holen.

Stuttgart - Das Daimler-Werk in Stuttgart-Untertürkheim hat den Zuschlag für die Fertigung und die Montage des elektrischen Antriebsstrangs (EATS) erhalten – er sitzt an den Achsen und ist das Herzstück der Elektroautos. Der Betriebsrat und die Werkleitung hatten seit Mitte Oktober über die Konditionen verhandelt, unter denen der EATS an den Neckar kommen könnte, oder ob er an einen Zulieferer fremdvergeben wird. Zu den Details der Einigung wollten sich Betriebsrat und Werkleitung zunächst nicht äußern.

 

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Für Daimlers erstes Auto der neuen Elektromarke EQ, den SUV namens EQC, kauft der Autobauer den EATS bereits vom Autozulieferer ZF in Friedrichshafen ein. Die Entscheidung für Untertürkheim betrifft deshalb erst die kommenden Generationen von Daimlers EQ-Familie, wo nächstes Jahr unter anderem eine an die S-Klasse angelehnte Limousine namens EQS kommen wird. Um den Auftrag hatten sich neben dem Werk auch eine Reihe großer Autozulieferer bemüht.

Rund 350 Arbeitsplätze entstehen

Für den Betriebsrat und die Beschäftigten hat die Entscheidung einen hohen symbolischen Wert. „Die Produktion des EATS ist ein Bekenntnis zum Mercedes-Benz-Traditionsstandort Untertürkheim und ein zukunftweisendes Signal für die Beschäftigten“, sagten Frank Deiß, Werkleiter in Untertürkheim und Michael Häberle, Betriebsratsvorsitzender des Werks Untertürkheim in einer Stellungnahme. Nun könnte die Produktion des Antriebsstrangs im Jahr 2024 beginnen und rund 350 Arbeitsplätze schaffen.

„Bei der Entscheidung geht es aber um mehr als um 350 Arbeitsplätze“, sagte Häberle unserer Zeitung. Mit dem Produkt steige man nun „auch produktiv in die neue Antriebswelt ein“. Am Standort arbeiten laut Unternehmen rund 19 000 Mitarbeiter, etwa die Hälfte davon in der Produktion. Bisher entstehen hier vor allem Verbrennungsmotoren und Getriebe, derzeit werden aber auch zwei Batteriefabriken am Standort gebaut.

E-Antrieb als Schlüsseltechnologie

Entwickelt wird der EATS ebenfalls in Untertürkheim. Dass Entwicklung und Produktionsanlauf am selben Ort geschähen, sei für Daimler unbezahlbar, sagte Häberle, das sorge für Flexibilität und Qualität. Im Interview mit unserer Zeitung hatte Häberle vor Beginn der Verhandlungen gewarnt: „Wenn wir dieses Produkt nicht herholen, werden wir auf lange Sicht Arbeitsplätze verlieren.“

Zwischendurch stand die Entscheidung für Untertürkheim auf der Kippe, sodass der Betriebsrat in der Folge Überstunden sowie eine frühere Weihnachtsruhe in einigen Bereichen verweigerte. Stefan Reindl, Professor für Automobilwirtschaft an der Hochschule Nürtingen-Geislingen, begrüßte die Entscheidung. Lange hätten die deutschen Autohersteller nicht erkannt, das Batterien und Elektronik zu den Schlüsseltechnologien gehörten. „Das ändert sich nun“, sagte Reindl.