Der Schwäbische Chorverband löst das Silcher-Museum auf, das er vor mehr als 100 Jahren zu Ehren des Liedkomponisten in dessen Geburtshaus in Schnait eingerichtet hat. Hier lesen Sie die Gründe.

Ein letztes Mal öffnet das Silcher-Museum in Weinstadt-Schnait an diesem Sonntag für Besucher seine Pforten, bevor der Schwäbische Chorverband (SVC) das Ende seiner Einrichtung besiegelt. Das Künstler:innenkollektiv Zeitraum lädt zu einer künstlerischen Auseinandersetzung mit Objekten des berühmten Komponisten. Dazu zeigt das Trio um Karsten Michael Drohsel ein Schauspielstück zum Thema Schule und präsentiert zugleich die Ergebnisse seines vom Fonds Soziokultur geförderten Projekts „Das ist unser Haus!“ im Rahmen der ursprünglich vom SVC beabsichtigten Neukonzeption des Museums.

 

Eigentlich war ein Neustart geplant

Denn eigentlich hatte der Verband für das Silcher-Museum einen Neustart vorbereiten wollen, als er Anfang 2020 das Haus für Besucher schloss. Rechtzeitig zum 175-Jahr-Jubiläum des Verbands in 2024 sollte der „Facelift“, wie ihn die Kustodin Elisabeth Hardtke damals nannte und von dem sie sich ein Wiederstrahlen der Aura des berühmten Komponisten in seinem Geburtshaus versprach, fertig sein. Von einem multimedialen Konzept für die altehrwürdige Einrichtung, die der SVC 1912 gegründet und zuletzt 1992 erneuert hatte, war die Rede.

Um sich wieder mehr auf Friedrich Silcher zu fokussieren und Platz für einen Kulturraum zu schaffen, der neue Aktivitäten und Zielgruppen ins Haus holen sollte, etwa durch Projekte von Schulen, Kitas und der Seniorenarbeit, trennte man sich 2021 von der heimatkundlichen Sammlung. Als Schenkung überließ man zur großen Freude des Stadtarchivars Bernd Breyvogel die knapp 130 Objekte der Stadt Weinstadt. Zuvor hatte man bereits die Forschungsabteilung an das Literaturarchiv Marbach (Kreis Ludwigsburg) abgegeben.

Ein kultureller und gesellschaftlicher Treffpunkt für Engagierte und Kreativschaffende aus Schnait und darüber hinaus sollte der Kulturraum durch ein zeitgemäßes Veranstaltungsprogramm werden und das Silcher-Museum damit zu einem „Ort für Diskussion über Werte, Wertvolles und natürlich Chormusik“, wie man auf der Museums-Homepage verkündete. Öffentlich rief der SVC dazu auf, Vorschläge für künftige Nutzungen zu machen. Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg unterstützte das zweijährige Vorhaben, mit dessen Leitung Drohsel als Beteiligungsexperte betraut war, mit 68 800 Euro im Rahmen des Programms „Freiräume“. Doch die Resonanz auf das neue Raumangebot blieb spärlich. Lediglich ein Bürgertheater, ein Yoga-Kurs und der Musikverein Schnait fanden sich als wiederkehrende Nutzer des Kulturraums.

Man habe es nicht geschafft, ein tragfähiges Museums-, Betreiber- und Finanzierungskonzept zu entwickeln, sagt der SVC-Geschäftsführer Johannes Pfeffer zur Entscheidung, das Silcher-Museum doch nicht wiederzueröffnen. Zwar habe man einige Nutzer für den Kulturraum gehabt. Sein weiterer Betrieb hätte aber „einen Rattenschwanz“ mit Brandschutz und Fluchtwegen nach der Versammlungsstättenverordnung nach sich gezogen. Architektonisch würde dem nichts entgegenstehen: „Ein Umbau wäre machbar gewesen“, sagt Pfeffer. Auch am Denkmalschutz habe es nicht gehangen, da der Kulturraum in einem nicht geschützten Teil des Hauses liege. Doch angesichts geschätzter Kosten von einer halben Million Euro habe man sich die Frage stellen müssen, welche Wirkung in der Breite die Investition für die rund 1500 Mitgliedsvereine des Verbands hätte. „Zwar gibt es vor Ort einen Bedarf für den Kulturraum, aber die Rolle des Chorverbands ist eine andere.“

Spielt Corona eine Rolle?

Wie kam es zu dem Sinneswandel? Spielt Corona, in dessen Folge viele Chöre sich auflösten, eine Rolle? „Das fließt mit rein, ist aber nicht der auslösende Effekt“, sagt Pfeffer. Zumal die Diskussion über Mitgliederschwund in Chören älter sei als die Pandemie. „Die Tendenz, dass wir ein leichtes Defizit jährlich haben, hat sich pandemiemäßig nicht verstärkt. Die Gesamtzahl der Vereine ist weiterhin relativ stabil, aber sie sind kleiner geworden.“ Doch natürlich müsse man sich die Frage stellen, wo man seine Energie reinstecke. Und da sieht Pfeffer für den SVC wichtigere Aufgaben als das Silcher-Museum: etwa das Beratungsprogramm für Vereine, das man gemeinsam mit dem Badischen Chorverband und dem Baden-Württembergischen Sängerbund gestartet habe, um diese in Mitgliederwerbung, Öffentlichkeitsarbeit und Finanzierung zu coachen. Eine weitere Herausforderung sei der Rechtsanspruch auf Ganztagsschule, der 2026 in Kraft trete. Damit zusammen hänge das Thema der Jugendarbeit und welche Rolle Vereine in der Schule spielen können.

Gleichwohl sehe er aber auch die kulturhistorische Verantwortung, die der SVC für das Silcher-Museum habe. „Wir wollen gewährleisten, dass sein wissenschaftlicher Wert gut konserviert und weiterhin zugänglich ist. Und wir wollen möglichst viel an öffentliche Häuser geben.“ Dazu gebe es bereits Gespräche mit dem Stadtmuseum und der Universität in Tübingen, da die Stadt Silchers Hauptwirkungsstätte gewesen sei, sowie mit dem Literaturarchiv Marbach und dem Haus der Geschichte in Stuttgart. Auch die Frage, was mit Silchers Geburtshaus passiere, sei noch nicht beantwortet, werde aber mit der Kommune besprochen.

Letzter Öffnungstag

Ausstellungen
Am Sonntag, 15. Januar, ist das Silcher-Museum des Schwäbischen Chorverbands ein letztes Mal geöffnet. Die früheren Ausstellungen sind indes bereits beiseitegeräumt und teils auch schon in Depots eingelagert.

Programm
Dafür wird ein Veranstaltungsprogramm geboten. Von 14 Uhr an findet ein Kinderprogramm statt. Gelegenheit zum Austausch mit anderen Besuchern gibt es bei der Kaffeetafel von 16 Uhr an, bevor um 17 Uhr ein Kulturprogramm des Künstler:innenkollektivs Zeitraum beginnt.