Weinende Kinder, enttäuschte Eltern und Großeltern: Weil die historische Dampflok am frühen Montagmorgen aus dem Gleis springt, fallen alle Fahrten aus.

Ludwigsburg - Die Unglückssträhne der historischen Dampflok „Feuriger Elias“ reißt nicht ab: Beim Bereitstellen und Rangieren am Bahnhof in Kornwestheim ist die Lok am frühen Morgen des Pfingstmontag aus dem Gleis gesprungen. Sie war nicht mehr fahrtüchtig. Sämtliche Fahrten, die für diesen Tag angekündigt waren und die die Eisenbahn-Fans scharenweise zum Bahnhof Ludwigsburg gelockt hatten, mussten ausfallen.

 

Verletzt wurde niemand, außer dem Lokführer war niemand in der Lokomotive der Baureihe 52 aus dem Jahr 1943. Erst am 1. Mai war ein 59 Jahre alter Mann ums Leben gekommen, als er im Bahnhof Hemmingen genau diesem Fahrzeug hinterhergelaufen war, um noch aufzuspringen. Dabei geriet er allerdings unter einen Waggon und wurde trotz Notbremsung von diesem überrollt. Sofort eingeleitete Reanimierungsmaßnahmen blieben ohne Erfolg, für den Mann kam jede Hilfe zu spät. Nun erneut ein Unfall.

Wer hat die Weiche falsch gestellt?

Die Enttäuschung unter den Fahrgästen in Ludwigsburg war groß am Pfingstmontagvormittag. Dem fünf Jahre alten Maximilian aus Möglingen kullerten am Bahnsteig große Tränen übers Gesicht. „Wir sind schon einmal mit der Dampflok gefahren und wollten ihn heute damit überraschen“, erzählt seine Mutter. Am besten gefalle der Familie, dass man mit dem Feurigen Elias Strecken fahren könne, die man sonst nicht sehe. Auch der neun Jahre alte Felix aus Pflugfelden ist den Tränen nahe. „Wir finden es so toll, dass man bei dem Zug die Fenster aufmachen kann“, sagt der Junge. Er und seine Schwester hätten extra keine Mützen mitgenommen, damit sie nicht vom Fahrtwind fortgeweht würden.

Wie es zu dem Zwischenfall am Kornwestheimer Bahnhof kommen konnte, ist unklar. Offenbar war die Lok gegen 4 Uhr am Morgen beim Überfahren einer falsch gestellten Weiche kurz aus dem Gleis gesprungen. Weshalb die Weiche falsch gestellt war, ist den ehrenamtlichen Verantwortlichen ein Rätsel. „Sie wurde erst kürzlich von der Landeseisenbahnaufsicht geprüft“, berichtet der ehrenamtliche Zugbegleiter Jenö von Egan-Krieger, der am Pfingstmontag zum Dienst eingeteilt war.

Verstellt werde die Weiche normalerweise vom Stellwerk. Dafür, dass der Zwischenfall schon so früh am Morgen passiert sei, gibt es allerdings eine Erklärung: „Die 3000 Liter Wasser im Kessel der Lok wurden schon ab Sonntag Nachmittag aufgeheizt. Und weil es eine Weile dauert, ehe man die Lok aus dem Bahnhof herausrangiert hat, beginnt man damit auch schon recht früh.“

Wann die Lok wieder fahren kann, ist derzeit ungewiss

Obwohl die Lok kurz nach dem Entgleisen wieder auf die richtige Schiene geriet und der Schaden auf den ersten Blick offenbar sehr gering ist, wolle man kein Risiko eingehen und habe vorsichtshalber alle Fahrten abgeblasen. „Der entstandene Schaden muss nun erst einmal per Ultraschall untersucht werden. Wir vermuten aber, dass gar nicht wirklich etwas kaputt ist“, sagt Martin Jenner von der Gesellschaft zur Erhaltung von Schienenfahrzeugen (GES), die diese Fahrten organisiert. Eigentümerin der Unglücks-Lok ist die Vulkan-Eifel-Bahn Betriebsgesellschaft mbH (VEB). Problematisch und bedauerlich sei es nun eher, dass bis zur Inspektion relativ viel Zeit vergehen könne.

„Die Lok muss ins Dampflok-Ausbesserungswerk nach Meiningen in Thüringen geschleppt und dort gründlich untersucht werden“, sagt Jenner. Bis zur Inspektion könne schon einmal ein halbes Jahr ins Land gehen. Wann die nächste Fahrt mit dem Dampfzug durchs Strohgäu oder nach Stuttgart stattfinden könne, sei nicht absehbar. Geplant war am 3. Juni wieder die Fahrt nach Weissach – ob dafür eine andere Lok genutzt werden kann, ist offen.

Sicherheitsvorkehrungen sind ausreichend

Die Fahrt am Pfingstmontag wäre wichtig für die GES gewesen, um das Sicherheitsgefühl der Fahrgäste zu stärken. Nach dem tödlichen Unfall am 1. Mai sei die Betroffenheit der Ehrenamtlichen und der Fahrgäste groß gewesen, sagt Armin Herdecker von der GES. Man haben an dem Unglückstag sämtliche Sicherheitsvorschriften eingehalten, betont er.

Bei jeder Abfahrt stünden je nach Anzahl der Waggons etwa vier Mitarbeiter mit Kellen da. Ein Pfiff aus der Trillerpfeife signalisiere dem Lokführer, ob alles in Ordnung sei. „Mehr Leute können wir dort nicht hinstellen, die treten sich ja irgendwann auf die Füße“, sagt Herdecker. Es gebe immer Menschen, die dem langsam rollenden Zug hinterher liefen, um ihn noch zu erwischen. „Das finden wir zwar nicht gut, aber wir können die Leute auch nicht am Arm packen“, sagt Herdecker. Der Unfall mit dem 59-Jährigen sei deshalb passiert, weil der Mann sich offenbar selbst überschätzt habe: „In jüngeren Jahren wäre ihm das vielleicht nicht passiert.“