Die Stadt Fellbach stellt den Zeitplan für die Umsetzung der sogenannten Neuen Mitte vor. Vor allem die Öffentlichkeit soll intensiv in den Planungsprozess einbezogen werden, die Vertreter der jeweiligen „Akteursgruppen“ sollen ausgelost werden.

Der Grundsatzbeschluss in Fellbach, die Stadtbahn-Endhaltestelle rund 100 Meter früher als derzeit enden zu lassen, sie also eben um rund 100 Meter gen Westen zur Mauer des Alten Friedhofs zu verlegen, ist bereits im Januar gefallen. Mit der Entscheidung hat der Gemeinderat den Weg freigemacht für die von Oberbürgermeisterin Gabriele Zull gewünschte grundlegende Neugestaltung des Areals nördlich des Rathauses.

 

Sorgfalt geht vor Schnelligkeit

Nun geht es in Fellbach darum, die nächsten Schritte vorzubereiten beziehungsweise auch zu vollziehen. Worauf es dabei besonders ankommt, das brachte SPD-Fraktionschef Andreas Möhlmann in der jüngsten Sitzung so auf den Punkt: „Wir sind froh, dass es mit der Neuen Mitte jetzt weiter geht.“ Doch gelte es dabei auch zu beachten: „Sorgfalt geht vor Schnelligkeit – denn wir bauen für Generationen.“

Ähnlich hatte sich zuvor auch Fellbachs Baudezernentin Beatrice Soltys ausgedrückt. „Es geht um eine Planung für die nächsten Jahrzehnte“, erklärte die oberste Fachfrau in baulichen Angelegenheiten im Rathaus, deshalb „werden wir uns eventuell ein bisschen mehr Zeit nehmen“. Ganz wichtig ist den Sprechern aller Fraktionen wie auch der Verwaltung, dass die Bürgerschaft umfassend in die Überlegungen zur Neugestaltung des Areals eingebunden wird. „Hierfür soll eine Kommission gebildet werden, welche sich aus Vertretern unterschiedlicher öffentlicher Akteursgruppen zusammensetzt und die alle relevanten Spektren der Bürgerschaft abbildet“, heißt es in den schriftlichen Erläuterungen des Leiters des Stadtplanungsamts, Christian Plöhn.

Per Los ins Beratungsgremium

Was das konkret bedeutet, erläuterte die Baudezernentin so: „Wir wollen die Bürgerschaft sehr repräsentativ einbinden, und zwar in Form des Loses.“ Diese Methode irritierte manche Vertreter im Gremium: „Das Auslosen bereitet uns Unbehagen“, erklärte Grünen-Fraktionschefin Agata Ilmurzynska. Wie wolle man denn da „alle relevanten Akteursgruppen“ erreichen? Soltys präzisierte, dass man Menschen aus allen Teilen der Bürgerschaft ansprechen wolle, „vor allem junge Menschen“, so Soltys. „Wir werden aus allen Akteursgruppen auslosen“, so erhalte man einen „repräsentativen Querschnitt“, das gebe „eine breite Schicht, in der wir diskutieren“. Für CDU-Fraktionschef Franz Plappert ein sinnvoller Weg: „Wir bauen ja für die Bürgerinnen und Bürger, nicht für den Gemeinderat“, konstatierte er, „und umso erfolgreicher wird’s am Ende sein.“

Der nächste Schritt in Richtung Neue Mitte ist der öffentliche Teilnahmewettbewerb. Über eine öffentliche Ausschreibung sollen sich renommierte Stadtplanungs- und Architektenbüros gemeinsam mit Landschaftsarchitektenbüros bewerben. Dies dauert circa einen Monat, am Ende werden neun Büros ausgewählt, die ihre „städtebauliche Idee“ dann konkretisieren sollen. Nach weiteren sieben Monaten werden sechs Büros ausgesiebt, die übrigen drei dürfen schließlich „vertiefende Entwürfe“ präsentieren, aus dem der Gewinnerentwurf hervorgeht. Das letzte Wort hat dann der Gemeinderat – und im Anschluss darf der Sieger ein halbes Jahr den vollständigen städtebaulichen Entwurf erarbeiten.

Kirchenvertreter sind in den Prozess eng eingebunden

Weil auch die evangelische Kirche neue Räumlichkeiten auf dem Areal rund um die Lutherkirche errichten möchte – zuvor soll das Paul-Gerhardt-Haus an der Ecke August-Brändle-Straße, Ecke Waiblinger Straße (circa 300 Meter östlich der Stadtbahn-Endhaltestelle gelegen) abgerissen werden – sind ebenfalls die Kirchenvertreter intensiv in den Diskussionsprozess zur Neuen Mitte eingebunden.

Als Start des städtebaulichen Verfahrens strebt die Verwaltung den Herbst 2023 an, wobei Aileen Hocker als Sprecherin der Freien Wähler/Freien Demokraten gewisse Skepsis offenbarte: „Der Zeitstrahl ist schon sehr ambitioniert“, erklärte sie in Richtung Beatrice Soltys.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist der künftige Mobility Hub, wie es neudeutsch heißt, also der Mobilitätsknotenpunkt, der nahe der künftigen Endhaltestelle auf der Ostseite des Alten Friedhofs errichtet werden soll. Dabei sind noch etliche Feinplanungen nötig, da wegen dieses Hubs beispielsweise die bisher gerade Tiefgaragenausfahrt durch eine Verschwenkung in Richtung Tainer Straße geführt werden muss. Auch benötigt die Tiefgarage des Rathauses dringend eine umfassende Sanierung.

Überlegungen für ein verändertes Buslinienkonzept

Noch erhebliche Debatten sind sicher erforderlich, wie der Busverkehr rund ums Rathaus geregelt werden kann. Da die Stadtbahn früher endet, wären die Wege zu den bisherigen Bushaltestellen deutlich länger, was eben auch mehr Umsteigezeit bedeutet – so würden sich viele ärgern, wenn sie nur noch den Rücklichtern des Linienbusses hinterherblicken könnten. Angedacht ist eine neue Linienführung speziell des 60er-Busses nach beziehungsweise aus Untertürkheim. Fürs Fellbacher Oberdorf wäre dann eine neue Buslinie denkbar.

„Die Stuttgarter Straßenbahnen AG beginnt zurzeit mit der Ausarbeitung eines Terminplans für die bauliche Verschiebung der Endhaltestelle“, teilt die Stadtverwaltung mit. Parallel werde die Arbeitsgemeinschaft Steinhoff/Haehnel/Büro ASP/Büro Köber, die auch die bisherigen sogenannten Stegreifentwürfe für die Neue Mitte erstellt hat, die schrittweise die Planung und Realisierung des Mobilitätshubs umsetzen.

Gesamtkosten liegen bei 17,5 Millionen Euro

Diese Verschiebung der Station Lutherkirche ist Folge der künftig doppelt so langen 80-Meter-Züge der Stadtbahn. An der bisherigen Endhaltestelle hätte es kaum Verlängerungsmöglichkeiten gegeben. Die bisherigen Kostenschätzungen der Stadt gehen davon aus, dass die Verlegung der Haltestelle auf 6,35 Millionen Euro kommt. Für die Verlegung der Tiefgaragen-Zufahrt und den Bau des Mobilitätshubs sind 10,92 Millionen Euro veranschlagt, macht in der Summe also knapp 17,5 Millionen Euro.