Wo passieren Wildunfälle am häufigsten? Und kann man sie vermeiden? Der Enzkreis ist einer von zwei Landkreisen in Baden-Württemberg ausgesucht worden, um dafür neue Wege zu finden.

Als einer von zwei Landkreisen in Baden-Württemberg ist der Enzkreis als Modellregion für den Kampf gegen Wildunfälle ausgewählt worden. Eine regionale Arbeitsgruppe „Wildunfallprävention“, bestehend aus Fachleuten der Gemeinden, Jäger, Polizei und anderen Behörden im Enzkreis, soll für unterschiedliche Schwerpunkte ganz konkrete Strategien erarbeiten und austesten, ob sie die Zahl an Wildunfällen signifikant reduzieren kann.

 

Rund 25 000 Wildunfälle im Straßenverkehr verzeichnet das Land Baden-Württemberg durchschnittlich im Jahr. Im Schnitt bedeutet das etwa einen Wildunfall alle 20 Minuten. Zwar gehen viele dieser Unfälle für die Verkehrsteilnehmer glimpflich aus, dennoch kommt es immer wieder zu Zusammenstößen, bei denen Menschen und Tiere schwer oder sogar tödlich verletzt werden. 2020 hat das Land einen Arbeitskreis „Verkehrssicherheit & Wildtiere“ ins Leben gerufen, um eine nachhaltige Dokumentation von Wildunfällen sowie neue Lösungsansätze und Strategien zur Wildunfallprävention zu erarbeiten.

Dichte Wälder, weite Wiesen und Weinberge

Wildwarnreflektoren und elektronische Wildwarnanlagen sind nur zwei Beispiele für Maßnahmen, um solchen Unfällen vorzubeugen. „Angesichts steigender Zahlen in den letzten Jahrzehnten reichen die bisherigen Mittel und Instrumente jedoch offensichtlich bei weitem nicht aus“, sagt Bernhard Brenneis, Wildtierbeauftragter des Enzkreises. Daher möchte das Land nun mithilfe der zwei Modellregionen neue und bessere Wege finden.

Dass speziell der Enzkreis – neben der Bodenseeregion – ausgewählt wurde, hat Bernhard Brenneis zufolge unterschiedliche Hintergründe. „Vor allem haben wir ein sehr vielfältiges Landschaftsbild“, erklärt er. Es gibt dichte Wälder, weite Wiesen und Äcker und ebenso Weinberge. „Wir versuchen außerdem schon seit Längerem, Unfallschwerpunkte bei uns zu ermitteln und zu analysieren“, berichtet Bernhard Brenneis. „Wir fragen uns: Wo finden die meisten Unfälle statt? Ist das im Wald? Oder auf freier Fläche oder an Wald-Feld-Grenzen?“

Unfälle werden mittlerweile exakt kartografiert

So haben die Fachleute im Enzkreis in der Vergangenheit schon einen guten Überblick gewonnen. Leider sei die Datenlage lange Zeit nicht ideal gewesen, da polizeilich immer nur die ungefähren Unfallstellen gespeichert wurden. Da dank der neuen Vorgaben des Landes mittlerweile Unfälle mit Wildtieren landesweit kartografisch exakt erfasst werden müssen, bekomme diese Arbeit nun eine ganz andere Grundlage, so Bernhard Brenneis. „Am Ende wird es vermutlich auf fünf bis zehn größere Schwerpunkte in unserer Region hinauslaufen. Wir müssen dann entscheiden, welche wir für welche Maßnahmen auswählen.“

Vor allem soll sich das Projekt nicht ausschließlich auf eine Landschaftsform wie Wälder beschränken, sondern ein breites Bild abdecken. „Denn wir fragen uns ja auch: Welchen Einfluss auf die Art und Zahl der Unfälle hat es, ob wir in der Nähe einen Acker mit Mais oder Getreide haben, eine Wiese oder Wald?“ Entsprechend werden die Stationen auch über den gesamten Enzkreis verteilt sein und sich nicht nur auf Gebiete im Schwarzwald und dergleichen konzentrieren. Danach werde es sicher ein bis zwei Jahre dauern, um festzustellen, ob die eingeleiteten Maßnahmen greifen oder nicht.

Wildunfälle verursachen viel Tierleid

Vor allem baulich werde sicher viel geschehen, aber nicht ausschließlich. „Es geht schon auch darum, ein Bewusstsein für das Thema zu schaffen“, sagt Brenneis. „Dass die Menschen sich klar darüber werden, wie viel Leid durch Wildunfälle entsteht, insbesondere bei den Tieren.“ Viele wüssten zudem nicht einmal, was man überhaupt tun muss, wenn man einen Wildunfall hat. „Ich habe schon weit über 100 Wildunfall-Szenerien gesehen, die Leute sind immer erst einmal geschockt.“ Trotzdem dürfe man die zwei wichtigsten Punkte nicht vergessen: Als erstes die Unfallstelle absichern, um andere Verkehrsteilnehmer zu schützen. Danach die Polizei anrufen, die sich dann um alles weitere kümmert und den Jäger informiert. „Und dann abwarten, bis die Profis kommen.“