Die Versicherung hat den geschädigten Hausbesitzern die Schadenersatzangebote vorgelegt und ihnen eine Frist bis Ende Mai gesetzt. Mit Widersprüchen ist jedoch zu rechnen.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Böblingen - Bereits am 30. Juni will die Allianz mit den Auszahlungen beginnen: Die Versicherung hat den Hausbesitzern im nördlichen Böblinger Hebungsgebiet auf ihre Schäden bezogene Angebote unterbreitet. Sie haben bis 31. Mai Zeit, sie anzunehmen oder Widerspruch einzulegen. Laut den von der Allianz beauftragten Gutachten wären 7,8 Millionen Euro notwendig, um die entstandenen Schäden an den Immobilien von 92 Betroffenen zu reparieren. Da aber nur eine Versicherungssumme von fünf Millionen Euro zur Verfügung steht, wird das Geld nach einem gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren verteilt: Die Eigentümer erhalten knapp 64 Prozent ihrer geschätzten Sanierungskosten ersetzt. „Jetzt müssen wir abwarten, wie die Betroffenen das Angebot aufnehmen“, sagt die Allianz-Sprecherin Sabine Schaffrath.

 

Einerseits froh, andererseits kurze Frist

Bei der Interessengemeinschaft Erdhebungen Böblingen löste die Ankündigung zwiespältige Reaktionen aus: „Auf der einen Seite sind wir froh, dass es zügig vorangeht“, sagt deren Geschäftsführer Werner Schubert. Auf der anderen Seite hält er die Frist für zu kurz. Ein Widerspruch lasse sich nur mit einer Begründung einreichen, und in vier Wochen ein Gegengutachten oder einen Kostenvoranschlag von einem Handwerker zu besorgen, sei schwierig. Der höchste von der Versicherung anerkannte Schaden liegt bei fast 390 000 Euro, die betroffenen Hausbesitzer sollen knapp 250 000 Euro erhalten. Die Allianz hat alle Forderungen in einer anonymisierten Liste aufgezählt. An 17 Gebäuden haben die Erdhebungen zu Schäden geführt, die mit mehr als 200 000 Euro zu Buche schlagen. Elf Immobilieneigentümer benötigen zwischen 100 000 und 200 000 Euro, um ihre Häuser wieder instandzusetzen.

„Ein Widerspruch verzögert die Auszahlung“, teilt die Allianz mit. Sollte ein Hausbesitzer beispielsweise mehr Geld erhalten, bleibt dadurch für die anderen weniger. Zeitnah will die Allianz die Betroffenen über das Ergebnis nach Ablauf der Frist informieren. Werner Schubert ist sich sicher, dass es solche Widersprüche geben wird. „Die Gutachten sind gut gemacht und objektiv“, sagt der IG-Geschäftsführer, „aber einzelne Geschädigte sind nicht zufrieden damit.“ Er hofft jetzt, dass diejenigen Hausbesitzer, die mit der Vorgehensweise einverstanden sind, dennoch „abgewickelt werden“ und nicht länger auf das Geld warten müssen.

Eine Klage gegen die Allianz

Ein Bauträger hat schon Klage beim Landgericht Stuttgart eingereicht. Er verlangt fast 545 000 Euro von der Versicherung. „Wir sind der Ansicht, dass die geltend gemachten Schadenersatzforderungen nicht gerechtfertigt sind“, erklärt dazu die Allianz. Dieser Rechtsstreit soll das Verteilungsverfahren nicht aufhalten: Die Versicherung hat die strittige Summe einfach von den fünf Millionen Euro abgezogen. Nach Abschluss des Prozesses soll es eine Nachberechnung geben. „Eigentlich hätten wir das gesamte Verfahren stoppen können“, sagt Sabine Schaffrath, „wir wollten aber nicht warten.“

Im südlichen Hebungsgebiet wird die Versicherung nach dem gleichen Muster vorgehen – sobald vom Landratsamt grünes Licht kommt, dass sich auch dort die Erde nicht mehr bewegt. Jahrelang haben die Hausbesitzer auf Schadenersatz warten müssen. Nachdem immer mehr Risse an Häusern aufgetaucht waren, war das Landratsamt im Jahr 2013 den Erdhebungen auf den Grund gegangen. Schadhafte Bohrungen für Erdwärmesonden haben dazu geführt, dass in der Tiefe Gipskeuper durch ausgelaufenes Grundwasser aufgequollen war. Deshalb muss die Versicherung der Bohrfirma für den Schaden aufkommen. Neben der Summe von fünf Millionen Euro stehen noch zwei Millionen Euro als Sonderregulierung für Firmen zur Verfügung. Die Mitglieder der Interessengemeinschaft wollen zunächst die von der Allianz angebotene Summe abschöpfen und anschließend für weitere finanzielle Hilfe auf das Land zugehen.