Die baden-württembergische Landesregierung denkt darüber nach, innerhalb von wenigen Jahren zum zweiten Mal die Grunderwerbsteuer zu erhöhen. Das kann Immobilienkäufer mehrere Tausend Euro kosten. Auch andere Länder kassieren beim Haus- und Wohnungskauf ab.

Berlin - Vom Wahlversprechen ist nicht mehr viel geblieben. „Wir wollen nach der Wahl schauen, ob der Ersterwerb von Wohneigentum von der Grunderwerbsteuer freigestellt werden kann“, sagte der baden-württembergische CDU-Landeschef Thomas Strobl vor der Wahl. Inzwischen regiert die CDU mit, Strobl ist Innenminister. Von Steuersenkung ist keine Rede mehr. Vielmehr müssen Immobilienkäufer in Zukunft mit höheren Steuern rechnen. Falls die Koalition ihre geheimen Nebenabsprachen umsetzt, steht in Baden-Württemberg die nächste kräftige Erhöhung an. Die Grunderwerbsteuer, die beim Immobilienkauf fällig wird, könnte von fünf auf 6,5 Prozent steigen. So sieht es der Plan vor. Die Anhebung würde dazu führen, dass der Wohnungs- und Hauskauf um einige Tausend Euro teurer wird.

 

Künftig Spitzenbelastung im Südwesten

Falls es so kommt, wäre der Südwesten bei der Immobiliensteuer Spitzenreiter – zusammen mit dem Saarland, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. In diesen Ländern liegt die Grunderwerbsteuer bereits bei 6,5 Prozent. Kaum eine andere Steuer wurde in den vergangenen Jahren so stark erhöht. Der Eigentümerverband Haus & Grund stellte fest, dass die Steuer seit 2006 insgesamt 25 mal angehoben worden ist. Erst mit der Föderalismusreform erhielten die Länder die Möglichkeit, die Sätze selbst festzulegen. Bis 2006 betrug der Satz bundeseinheitlich 3,5 Prozent. Nach der Freigabe fand aber kein Steuerwettlauf nach unten statt, der von den Ländern gern befürchtet wird. Das Gegenteil trat ein. Die Bundesländer, denen die Einnahmen zustehen, haben erkannt, dass sie auf diesem Weg die Lücken im Haushalt füllen können. Auch Baden-Württemberg drehte schon einmal an der Steuerschraube. Im Jahr 2011 erhöhte die grün-rote Landesregierung den Satz auf fünf Prozent. Das macht sich bemerkbar. Im vergangenen Jahr nahm das Land allein aus dieser Steuer rund 1,6 Milliarden Euro ein. Dass es auch anders geht, zeigen zwei Länder: Bayern und Sachsen. Dort zahlen Immobilienkäufer unverändert einen Steuersatz von 3,5 Prozent. Bayern ist mit seiner Politik nicht schlecht gefahren. Die Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer lagen im ersten Halbjahr 2016 trotz des niedrigen Satzes immer noch etwas über dem Steueraufkommen in Baden-Württemberg.

Die Länder verbuchen wegen der steigenden Immobilienpreise Rekordergebnisse. Insgesamt erwarten alle Länder in diesem Jahr ein Steueraufkommen von 12,3 Milliarden Euro, ein Plus von zehn Prozent gegenüber dem Vorjahr. Zum Vergleich: Im Jahr 2006 lagen die Einnahmen noch bei der Hälfte. Da sich die Steuer nach dem Immobilienwert bemisst, verdient der Staat am Immobilienboom mit. Beim Kauf einer mittleren Eigentumswohnung in einer Großstadt werden leicht 15 000 bis 20 000 Euro Steuer fällig. Die Nebenkosten beim Immobilienkauf sind spürbar gestiegen.

Gegenwind auch aus der CDU

Das sehen die Wirtschaftsverbände zunehmend kritisch. Auch aus der CDU kommen Appelle zur Mäßigung. Der CDU-Bundestagsabgeordnete Joachim Pfeiffer, zugleich wirtschaftspolitischer Sprecher der Unionsfraktion, hält von den Steuererhöhungsplänen der grün-schwarzen Landesregierung nichts. Solche Überlegungen seien kontraproduktiv, sagte er dieser Zeitung. „Wenn die Politik die ausreichende Versorgung mit Wohnungen zum zentralen Thema macht, kann sie nicht die Steuern erhöhen“, sagte Pfeiffer. Der Parlamentarier hört von Experten immer wieder, dass wegen vieler Vorschriften im unteren Preissegment kaum noch günstige Wohnungen gebaut werden könnten. Weitere Verteuerungen seien schädlich. Angesichts der gestiegenen Steuereinnahmen hält es der CDU-Politiker ohnehin für wenig glaubhaft, dass Steuern erhöht würden.

Auch die Verbände machen Druck. „Der Vorschlag wird hoffentlich nicht umgesetzt“, sagte Andreas Zehnder, Chef des Verbands der privaten Bausparkassen. Er wirft der Politik ein widersprüchliches Verhalten vor. Wenn die Politik einerseits verspreche, neuen Wohnraum zu schaffen und dann die Steuer erhöhe, sei dies nicht in Einklang zu bringen. „Das hieße: mit dem rechten Fuß Gas geben und mit dem linken auf der Bremse stehen“, meinte Zehnder. Er rät dem Land der Häuslebauer, sich an den Ländern mit niedrigen Steuern zu orientieren. Bedenken kommen auch vom Eigentümerverband Haus & Grund. Der Verbandspräsident Kai Warnecke sagte, dass die Schaffung bezahlbaren Wohnraums auch von den Erwerbskosten abhänge. Eine hohe Grundsteuerlast verteuere den Immobilienerwerb. „Für viele Familien ist die Finanzierung damit nicht mehr zu stemmen.“