Die Ankündigung des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann, das keltische Erbe des Landes finanziell zu fördern, verschafft dem geplanten Kelten-Erlebnisfeld am Heidengraben neuen Rückenwind.

Erkenbrechtsweiler - Die Fundstätte Heuneburg im Landkreis Sigmaringen ist zwar gesetzt, doch seit der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Bündnis 90/Die Grünen) vor wenigen Tagen den Startschuss zur Keltenoffensive des Landes gegeben hat, sieht sich der Heidengraben bei Erkenbrechtsweiler auf der Überholspur.

 

Die Einschätzung der Kunststaatssekretärin Petra Olschowski, wonach die damals mit einer Ausdehnung von 17 Quadratkilometer größte und mit rund 10 000 Einwohnern bevölkerungsreichste Keltensiedlung Europas von der Bedeutung her mit dem Fürstengrab von Hochdorf (Kreis Ludwigsburg) um Rang zwei konkurrieren, im Zeitplan jedoch weiter vorne rangieren würde, hat dem seit drei Jahren geplanten Projekt Kelten-Erlebniszentrum auf der rauen Alb zusätzlich Rückenwind verschafft.

Die Hausaufgaben gemacht

Wenn der Ministerpräsident von „publikumswirksamer Inszenierung“ der Keltenwelt und von „interaktiven und handlungsorientierten Angeboten“ und von „emotional erfahrbar machen“ spricht, dann schnellt bei Gerd Stegmaier reflexartig die Hand nach oben. „Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und stehen bereit“, sagt der promovierte Archäologe, bei dem die inhaltlichen und organisatorischen Fäden für das Projekt zusammenlaufen.

Stegmaier beackert das Thema Erlebnisfeld Heidengraben und den parallel dazu geplanten Kelten-Erlebnispfad seit dem Oktober 2015. Seine Auftraggeber sind die drei Gemeinden Erkenbrechtsweiler (Kreis Esslingen), Hülben und Grabenstetten (beide Kreis Reutlingen), die sich von einer besseren Vermarktung – der Werbeprofi spricht von „Inwertsetzung“ – des einmaligen kulturellen Erbes auf der Vorderen Alb einen Entwicklungsschub für die ganze Region erhoffen. Immerhin hat eine Besucheranalyse ergeben, dass das Erlebnisfeld mit seiner Kombination aus Natur- und Kulturdenkmal und der im archäologischen Umfeld einmaligen Verbindung von Erlebnissen im Außen- und Innenraum pro Jahr rund 35 000 Besucher animieren könnte, in die Lebenswelt der alten Kelten einzutauchen.

Mit 1,6 Millionen Euro in Vorleistung gegangen

Bisher sind die drei Gemeinden am Heidengraben mit rund 1,6 Millionen Euro in Vorleistung gegangen. Angesichts eines Gesamtaufwands von geschätzt bis zu fünf Millionen Euro könnte eine Förderung aus der Landeskasse, wie hoch sie auch immer ausfallen mag, das Erlebnisfeld am Burrenhof rasch aufblühen lassen.

Unabhängig vom Engagement des Landes – Kretschmann: „Das muss uns das Geld wert sein. Da sparen wir mal nicht“ – ist der Bau des Kelten-Erlebnispfades nicht nur planerisch, sondern auch finanziell in trockenen Tüchern. „Wir hoffen, dass wir den Pfad Ende 2019 oder spätestens Anfang 2020 einweihen können“, sagt Stegmaier. Ausgehend vom Startpunkt am Burrenhof können sich die Besucher dann an interaktiven acht Stationen entlang der 5,5 Kilometer-Runde einen Eindruck eines vor rund 3000 Jahren dort blühenden Gemeinwesens machen, das der baden-württembergische Ministerpräsident als Urbevölkerung des Schwabenlandes und als erste paneuropäische Kulturgemeinschaft nördlich der Alpen bezeichnet hat.

Die Gesamtkosten für den Erlebnispfad liegen bei rund 570 000 Euro. Sie speisen sich etwa zur Hälfte aus Fördermitteln des Programm LEADER, mit denen die europäische Union innovative Ansätze auf der Mittleren und Vorderen Alb anschieben will. Den Rest haben die Gemeinden anteilig selbst aufgebracht. Ob sich der Ministerpräsident zur Einweihung des Pfades selbst die Ehre gibt, ist noch offen. Immerhin aber wären die acht Stationen des Pfades das erste sicht-, greif-, und begehbare Ergebnis der von ihm öffentlichkeitswirksam ausgerufenen Keltenoffensive.

Fenster in die Vergangenheit

Die Kelten gelten als die erste historisch erwähnte Kulturgruppe nördlich der Alpen. Sie verbreiteten sich, ausgehend vom Raum zwischen Burgund und Württemberg vom 7. Jahrhundert vor Christus an über nahezu ganz Europa aus. Im südwestdeutschen Siedlungsgebiet bestimmten sie die Geschichte des Landes bis ins 1. Jahrhundert vor Christus, bevor sie von den Römern abgelöst wurden. In einer Gesamtkonzeption „Baden-Württemberg und seine Kelten“ will das Land bedeutende Fundstätten wie die Heuneburg, das Umland des Hochdorfer Fürstengrabs und den Heidengraben auf der Schwäbischen Alb einbinden.

Der Heidengraben ist ein noch heute in weiten Teilen sichtbarer Wall, mit dem die Kelten auf der Vorderen Alb ihre Siedlung geschützt haben. Die Anliegergemeinden Erkenbrechtsweiler, Grabenstetten und Hülben wollen mit dem Erlebnisfeld Heidengraben und dem Kelten-Erlebnispfad das Fenster in die prähistorische Siedlungslandschaft, in der einst 10 000 Menschen gelebt haben, öffnen.