Der Radolfzeller Oberbürgermeister Martin Staab und seine Bürgermeisterin Monika Laule konnten sich wohl noch nie leiden. Doch jetzt ist ihr Streit eskaliert, und der Staatsanwalt ermittelt.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Radolfzell - Zivilpolizei und Staatsanwalt fahren vor. Nach mehreren Stunden trägt ein Beamter einen Computer aus dem Rathaus. Die Szene, die sich in der vergangenen Woche in Radolfzell abgespielt hat, ist der bisherige Höhepunkt einer Affäre, in deren Zentrum der Oberbürgermeister Martin Staab steht. Man habe ein Ermittlungsverfahren gegen den 53-jährigen Rathauschef eingeleitet, erläutert der Sprecher der Konstanzer Staatsanwaltschaft, Andreas Mathy. Der Verdacht: Der parteilose Oberbürgermeister, der für die Freien Wähler im Konstanzer Kreistag sitzt, soll ein Gespräch mit seiner Baubürgermeisterin Monika Laule (CDU) heimlich aufgezeichnet haben.

 

Für eine solche „Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“ sieht das Strafgesetzbuch bei Amtsträgern bis zu fünf Jahre Haft vor. Möglich ist auch eine Geldstrafe. Wie dem auch sei – allein die Ermittlungen schlagen in der 31 000 Einwohner zählenden Bodenseestadt hohe Wellen. „Die Stadtverwaltung ist gespalten, der Gemeinderat ist gespalten, und die Bürgerschaft ist gespalten“, sagt Dietmar Baumgartner, der Fraktionschef der Freien Wähler. Früher war er Dirigent von Stadtmusik und Froschenkapelle, jetzt sorgt er sich um die Harmonie in der drittgrößten Stadt am See.

Ein als „Weckruf“ überschriebener offener Brief der CDU-Fraktion, den auch einzelne Stadträte von Grünen und SPD unterschrieben hatten, brachte die Affäre kurz vor Weihnachten an die Öffentlichkeit. Es sei Zeit, die „Mauer des Schweigens zu durchbrechen“, hieß es darin.

Von „Mechanismen der Unterdrückung“ war die Rede, von einem „Klima der Angst“ und davon, dass viele gute Mitarbeiter die Stadtverwaltung deshalb verlassen hätten. Wenn illegale Gesprächsaufzeichnungen ohne Wissen des Mitarbeitenden von Vorgesetzten gefertigt würden, hieß es in dem Brief weiter, „so gehört dies in unseren Augen von der Staatsanwaltschaft geprüft“.

Der OB nährt selbst den Verdacht Die Behörde ließ sich nicht lange bitten. Umgehend wurden Vorermittlungen eingeleitet, mittlerweile sei auch eine formelle Strafanzeige eingegangen, sagt Mathy. Dass es um ein Gespräch zwischen OB und Baubürgermeisterin geht, ist klar. Offen ist allerdings, ob es die „heimliche Aufzeichnung“ überhaupt gegeben hat. Die Polizei suche nach einer Datei, sagt Mathy.

Den Verdacht hatte der OB selbst in die Welt gesetzt. In einer E-Mail an die Stadträte hatte er erklärt, den Mitschnitt eines Gesprächs mit seiner Dezernentin zu besitzen. Damit könne er sie einer Lüge überführen. Seit gegen ihn ermittelt wird, will der Oberbürgermeister selbst gelogen haben. Es gebe „keine Aufzeichnungen“. Er habe sich „in einer sehr emotionalen Situation zu einer inhaltlichen Fehlaussage hinreißen lassen“, erklärte er beim Neujahrsempfang in Radolfzell.

Worum es bei dem Streit mit seiner Beigeordneten geht, behielt Staab für sich. Es handle sich um eine „interne, vertrauliche Angelegenheit“. Auch auf Anfrage wollte er sich nicht äußern. Bekannt ist, dass Laule seit einem halben Jahr die Sitzungen des Bauausschusses nicht mehr leiten darf. Der Grundstein für das schlechte Verhältnis dürfte allerdings bereits bei der OB-Wahl im Jahr 2013 gelegt worden sein. Auch die Baubürgermeisterin war angetreten, hatte gegen Staab, damals noch Erster Bürgermeister in Waiblingen, aber keine Chance.