Die Staatsanwaltschaft Dresden ermittelt wegen einer etwa eineinhalb Meter hohen Galgenattrappe, welche die Namen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) trug. Die Hetze entsetzt Politiker.

Berlin - Provokationen halten die Aufmerksamkeit auf hohem Niveau – für die montäglichen Pegida-Demonstrationen in Dresden allerdings mündet der Versuch der Hetze nun zum wiederholten Male in einen Konflikt mit dem Gesetz: Die Staatsanwaltschaft Dresden nahm am Dienstag Ermittlungen gegen Unbekannt auf unter anderem wegen Störung des Öffentlichen Friedens, Aufforderung zu Straftaten und Volksverhetzung. Anlass dafür ist eine etwa eineinhalb Meter hohe Galgenattrappe, welche die Namen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) trug. An Henkersschlingen hingen laminierte Plakate mit den Worten „Reserviert Angela „Mutti“ Merkel“ und „Reserviert Siegmar „das Pack“ Gabriel“.

 

In einer anderen Sache hat die Staatsanwaltschaft jüngst Anklage gegen den Gründer des fremdenfeindlichen Bündnisses, Lutz Bachmann, erhoben. Er soll im Internet Flüchtlinge als „Viehzeug“, „Gelumpe“ und „Dreckspack“ bezeichnet haben.

Die Galgenattrappe hatte zunächst auf einem Foto, das sich rasant über twitter verbreitete, für Aufmerksamkeit gesorgt. Auf diese Fotos stützen sich die Ermittlungen. Auch Politiker verschiedener Parteien zeigten sich empört über den Galgen. Bundesjustizminister Heiko Maaß twitterte: „Volksverhetzung, Aufforderung zu Straftaten und Bedrohungen gehören nicht auf die Straße, sondern vor einen Richter. Wer bei #Pegida mitläuft, dem muss klar sein, wem er da hinterher läuft: Menschen, die nichts anderes im Sinn haben als Radikalisierung.“ Unions-Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer nannte den Vorfall erschreckend. „Da werden Grenzen überschritten.“ Aus dem Kanzleramt hießt es, Bundeskanzlerin Angela Merkel werde zunächst persönlich keine strafrechtlichen Schritte einleiten.

Guillotine auf der TTIP-Demo

Lutz Bachmann verteidigte dagegen die Darstellung als letztlich zugespitzte Meinungsäußerung. Er spottete über die „lächerliche Bastelarbeit“, beschimpfte – wie seine Anhänger bei jeder Demonstration – die Medien als „Lügenpresse“ und bezichtigte sie einer „unfassbaren Übertreibung“. Er versah diese Äußerung auf Facebook mit einer Parole, die ebenfalls den Charakter einer Drohung hat: dem Hashtag #MerktEuchdieNamen. Eine neue Wendung bekam die Debatte am Dienstag, weil bekannt wurde,dass auch bei der Anti-TTIP-Demo am Wochenende in Berlin eine Guillotine mitgeführt worden war. Durch das Foto sahen sich Anhänger von Pegida in ihrer Sicht bestätigt, in der Meinungsfreiheit eingeschränkt zu sein. Im Unterschied zu Pegida distanzierten sich allerdings die Organisatoren der TTIP-Demo. Ein Sprecher des Bündnisses sagte dem „Tagesspiegel“, die Guillotine sei „unmöglich“. Ob die Staatsanwaltschaft in Berlin in diesem Fall Ermittlungen gegen Unbekannt einleitet, war am Dienstag unklar.

Dass nach Demonstrationen in extremen politischen Lagern wegen der Aufforderung zu Straftaten oder Verunglimpfung des Staates ermittelt wird, ist mitnichten eine neue Handhabe, die mit Pegida im Zusammenhang stünde. Solche Ermittlungen sind nicht selten. Neonazis bewegen sich in Reden und mit Parolen auf Transparenten häufig auf einem schmalen Grat. In Berlin wurde unlängst nach einer linken Solidaritätsdemo für Griechenland gegen 21 Personen wegen eines Transparents ermittelt, auf dem stand: „Deutschland, du mieses Stück Scheiße“. Auch Aufforderungen zu Blockaden führten schon wiederholt zu solchen Strafverfahren.

In Dresden, wo seit ein paar Wochen die Zahl der Demonstranten wieder wächst, fällt schon seit geraumer Zeit auf, dass der Ton bei Pegida immer offener radikal wird. Bachmann bezichtigt Politiker des Vaterlandsverrats und nennt die Bundesregierung „unsere Berliner Diktatoren“. Die Pegida-Frontfrau Tatjana Festerling nennt Merkel ein „U-Boot an der Spitze des Landes“ und wird auch persönlich beleidigend. Auch die neuen Thesen von Pegida sprechen eine extrem radikale Sprache: Der Regierung wird vorgeworfen, sie wolle „das deutsche Volk abschaffen und uns durch eine multikulturelle Gesellschaft ersetzen“, einen Vielvölkerstaat auf deutschem Boden etablieren. „Damit verhalten sie sich wie Hochverräter! In Brüssel säßen „selbst ernannte Könige und Königinnen, gegen die sich die Menschen zusammenschließen“ müssten. Wörtlich heißt es: „Wir, das deutsche Volk, brauchen internationale Unterstützung gegen unsere eigenen Politiker in unseren deutschen Parlamenten.“