Die Ermittler nehmen zwei Männer fest, die in die Waffenbeschaffung verwickelt gewesen sein wollen. Der Verfassungsschutz verkündet derweil einen neuen Höchststand bei der Zahl der Rechtsextremisten.

Berlin - Im Mordfall Lübcke ist die Bundesanwaltschaft bei den Ermittlungen zur Tatplanung einen Schritt weitergekommen: Nach einem umfangreichen Geständnis des Verdächtigen Stephan E. wurden zwei weitere Männer festgenommen, die in die Beschaffung der Tatwaffe verwickelt sein sollen, wie ein Sprecher des Generalbundesanwalts am Donnerstag mitteilte. Gegen die beiden Männer wird wegen Beihilfe zu Mord ermittelt. „Wir gehen davon aus, dass die beiden Beschuldigten von der rechtsextremistischen Gesinnung des Stephan E. Bescheid wussten“, sagte ein Sprecher. Sie hätten es billigend in Kauf genommen, dass die Waffe für ein politisch motiviertes Verbrechen benutzt würde.

 

Zahl der Rechtsextremisten auf Rekordstand

Einer der Festgenommenen ist wie Stephan E. aus der Kasseler Neonaziszene bekannt. Er soll den Kontakt zu einem 64-jährigen aus Nordrhein-Westfalen hergestellt haben. Dieser soll die Tatwaffe an E. verkauft haben. Auch die Waffe wurde inzwischen entdeckt – sie soll nach Informationen unserer Zeitung zusammen mit anderen Schusswaffen in einem Erdloch auf dem Gelände der Firma versteckt gewesen sein, bei der E. arbeitete.

Ebenfalls am Donnerstag wurde in Berlin der Verfassungsschutzbericht vorgestellt, nach dem die Zahl der Rechtsextremisten auf 24 100 Personen gestiegen ist und einen Rekordstand erreicht. Davon werden 12 700 Personen als gewaltorientiert eingestuft. 19 000 Personen rechnet der Verfassungsschutz zudem der Szene der „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ zu, 950 davon gelten als rechtsextremistisch. Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang sagte, Rechtsextreme suchten zunehmend „die Anschlussfähigkeit an die bürgerliche Mitte“. Dabei seien sie „ein Stück weit erfolgreich“.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sagte, dem Rechtsstaat müsse „mehr Biss verliehen werden“. Er werde auch mit den Mitteln weiterer Vereinsverbote gegen die Szene vorgehen. Der Minister verlangte mehr Kompetenzen für den Verfassungsschutz.

Rechtsextreme suchen Anschluss an bürgerliche Mitte

Debatte über Rolle der AfD

Der Bundestag beschäftigte sich in einer Aktuellen Stunde mit dem Mord an Walter Lübcke. Abgeordnete warfen der AfD Mitverantwortung für das politische Klima vor. Der frühere SPD-Chef Sigmar Gabriel sagte mit Blick auf dieses Klima sei die Partei „Haupttäter und nicht etwa Opfer“. Der sächsische CDU-Abgeordnete Marian Wendt berichtete von Drohungen gegen ihn selbst und sagte, dafür trage die AfD Mitverantwortung und Mitschuld: „Ihre Sprache erzeugt nur Hass, Drohungen, Gewalt und schlussendlich Mord.“ Der AfD-Abgeordnete Martin Hess warf den Kritikern vor, den Mord an Lübcke zu instrumentalisieren: „Sie missbrauchen das Gedenken an einen Toten, um der AfD den Anschlag wahrheitswidrig in die Schuhe zu schieben.“