Die Bundesregierung setzt sich für mehr gesündere Fertiglebensmittel ein. Doch kann man Zucker, Fett und Salz in Brot, Joghurt und Wurst einfach weglassen? Und ernähren sich die Menschen dann gesünder? Wir klären auf.

Berlin - Zu süß, zu fettig, zu salzig – wenn es um verarbeitete Lebensmittel geht, hat die Politik eine klare Haltung: In Pizza, Müsli, Limo und Co ist zuviel Zucker, Fett und Salz versteckt. Diese tragen dazu bei, dass die Bundesbürger im Schnitt immer dicker und kränker werden. Das soll sich ändern: Am Mittwoch hat Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) ihre „Reduktions- und Innovationsstrategie“ vorgestellt. Wir erklären, was sich dahinter verbirgt und was sie bringt.

 

Worum geht es?

Geht es nach Bundesernährungsministerin Julia Klöckner, sollen bis zum Jahr 2025 gesündere Fertiglebensmittel in die Supermarktregale kommen. Besonders im Visier hat sie dabei Joghurt, Müslis oder Fertigpizzen. Diese sollen gesünder werden. Außerdem will sie kleinere Größen bei Softdrinks und Tiefkühlprodukten einführen. Das ist Teil der sogenannten „Reduktions- und Innovationsstrategie“, die Klöckner gemeinsam mit Vertretern der Lebensmittelindustrie erarbeitet hat.

Ist der Plan für die Hersteller bindend?

Nein. Letztlich geht es um Vereinbarungen, aber diese sind freiwillig. Es gibt kein Gesetz, dass den Herstellern bestimmte Zutaten oder Verpackungsgrößen vorschreibt. So verpflichtete sich die Getränkeindustrie dazu, bis 2025 in Limo und Co. den Zuckergehalt um 15 Prozent zu reduzieren. Frühstücks-Cerealien für Kinder sollen bis dahin 20 Prozent weniger Zucker enthalten, Kinderjoghurts zehn Prozent weniger Zucker. Das Deutsche Tiefkühlinstitut verpflichtete sich, den Salzgehalt in Fertigpizzen zu senken – bis 2025 soll ein durchschnittlicher Gehalt von 1,25 Gramm Salz pro 100 Gramm auf allen Pizzen erreicht werden. Auch das Bäckerhandwerk ging eine freiwillige Vereinbarung ein, den Salzgehalt in Broten zu reduzieren. Immerhin ein Gesetz hat die Ministerin angekündigt: Ab 2019 will sie Zucker in Baby- und Kinder-Tees komplett verbieten.

Was sagen Kritiker?

Die Organisation Foodwatch warf der Ministerin ebenfalls „knallharte Interessenpolitik“ vor und kritisierte, dass es auf freiwillige Selbstverpflichtungen hinausgelaufen sei. Die Reduktionsstrategie sei „gänzlich unverbindlich, ihre Umsetzung liegt in weiter Ferne und für Kinder ist fast nichts erreicht“, erklärte auch die Politikerin Renate Künast (Grüne).

Warum steckt in verarbeiteten Lebensmitteln so viel Zucker, Salz und Fett?

Extra zugesetzter Zucker ist ein kostengünstiger Geschmacksträger. Andernfalls müssten die Hersteller etwa bei der Produktion eines Fruchtjoghurts mehr Früchte und mehr Aromastoffe verwenden. Dann wäre die Herstellung aber teurer. Auch Fett beeinflusst das Geschmackserlebnis als sehr positiv. Insbesondere, weil Fett dazu führt, dass Aromastoffe der Nahrung auf der Zunge richtig freigegeben werden. Und dass Kochsalz ähnlich wie Drogen als befriedigend wahrgenommen wird, ist auch der Lebensmittelindustrie beim Verkauf von salzigen Kartoffelchips und Fast Food nicht verborgen geblieben.

Lassen sich bei Lebensmitteln einfach so Zucker, Salz und Fett reduzieren?

„Einfach weglassen“ kann man Salz, Zucker und Fett bei den meisten Produkten nicht, heißt es beim Max-Rubner-Institut (MRI). Dort forschen die Mitarbeiter an Möglichkeiten, wie man Lebensmittel mit weniger eben dieser Nährstoffe herstellen kann. Doch das sei nicht einfach: Fast immer hat der Nährstoff mehr als eine Funktion im Lebensmittel. Salz in Käse hemmt etwa gefährliche Mikroorganismen und Zucker in Milchprodukten beeinflusst die zur Joghurt-Herstellung nötigen Bakterienkulturen. Das bedeutet: Soll weniger Zucker, Salz und Fett verwendet werden, müssen die Hersteller in vielen Lebensmitteln die gesamte Rezeptur und auch die Produktion ändern. Wie das funktionieren kann, damit Klöckners geplante Zucker-, Fett- und Salz-Reduktion gelingt, daran sollen die MRI-Forscher mitarbeiten.

Sind Lebensmittel-Ampeln oder Zuckersteuern eine bessere Alternative?

Foodwatch etwa fordert eine Lebensmittelampel auf Fertiggerichten, die konkret anzeigt, wie viel Zucker, Fett und Salz dort enthalten ist. Oder eine andere Idee: eine Zuckersteuer für Getränkehersteller einzuführen. So werden die Produkte teurer – und weniger gekauft. Ähnlichen Effekt soll eine Fettsteuer haben. Doch noch gibt es kaum langfristige Erfahrungen oder wissenschaftliche Studien, die belegen, dass Steuern Menschen zu gesünderem Essverhalten anregen.

Was schlagen Ernährungsexperten vor?

Ernährungsexperten setzen auf langfristige Strategien – vor allem auf die richtige Esserziehung bei Kindern. Die Kinderstube entscheidet darüber, ob ein Heranwachsender früh lernt, ausgewogen zu essen. Oder überwiegend Zucker, Fett und Fast Food verspeist. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung plädiert seit langem dafür, das Schulessen in der Mensa festgelegten Standards zu unterwerfen. Diese seit vielen Jahren bestehenden Standards besagen zum Beispiel, dass täglich Gemüse auf den Teller kommen sollte, Fleisch hingegen nur maximal zweimal pro Woche. Die Umsetzung an Schulen gilt jedoch als ausbaufähig.